Mit dem Becken mitschwingen beim Reiten

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Mit dem Becken beim Reiten mitschwingen: Warum es so wichtig ist und wie du locker auf dem Pferd sitzen kannst

Mit dem Becken beim Reiten mitschwingen – was der Reitlehrer da so leicht sagt, ist ganz schön schwierig. Deswegen geht es heute um genau diese Schwierigkeit: das mitschwingende Becken. Warum ist es so wichtig, dass wir beim Reiten mit dem Becken mitschwingen? Was blockiert uns? Und wie können wir uns locker machen? Antworten auf diese Fragen findest du hier.

Um verstehen zu können, wie man es schafft, mit dem Becken locker mitzuschwingen und es entsprechend der Pferdebewegung zu bewegen, werfen wir zuerst mal einen Blick auf Anatomie und Funktion des Beckens. Denn das Verstehen hilft oft beim späteren Umsetzen.

Ein Blick auf Anatomie und Funktion des Beckens

Das Becken brauchen wir Menschen für die aufrechte Haltung und einen sicheren Stand.

Das Becken ist fest mit der Wirbelsäule verbunden (genau wie beim Pferd auch) und es überträgt das Gewicht der Wirbelsäule gleichmäßig auf unsere Oberschenkel.

Das Becken selbst ist eigentlich nicht beweglich – zumindest dann nicht, wenn man nur an den Beckenknochen denkt. Doch dank des Hüftgelenks und dem unteren Bereich der Wirbelsäule wird der Beckenbereich beweglich.

Ebenfalls beweglich ist die Muskulatur des Beckenbodens – wenn du so wie ich eine Mama bist, ist dir der Beckenboden ganz bestimmt gut vertraut. Die Beckenbodenmuskulatur wiederum ist verbunden mit Rücken-, Bauch- und Atemmuskulatur.

Und all diese Muskeln brauchen wir, um mit dem Becken locker mitschwingen zu können.

Warum ist es so wichtig, mit dem Becken beim Reiten mitzuschwingen?

Fangen wir mit der Grundsatzfrage an: Warum ist es so wichtig, im Becken beim Reiten mitzuschwingen?

Reiterbecken und Pferderücken sind die größte Kontaktstelle in der Kommunikation zwischen Pferd und Reiter. 

Unser oberstes Ziel ist (oder sollte es zumindest sein), dass unser Pferd über den Rücken läuft. Nur dann kann es unser Reitergewicht gesund tragen.

Doch wenn wir wie ein Holzbrett auf dem Pferderücken sitzen, wird das Pferd sicherlich nicht den Rücken locker schwingen lassen. Klammern wir dann noch mit den Beinen, wird sich das Pferd unter dem Reiter genau so steif bewegen, wie der Reiter auf ihm sitzt. Dann können wir machen was wir wollen, wir werden unser Ziel niemals erreichen können.

Um unserem Pferd ein lockeres Mitschwingen des Rückens zu ermöglichen oder es zumindest nicht gänzlich davon abzubringen, müssen wir Reiter der dreidimensionalen Bewegung des Pferderückens folgen. Das heißt: Wir müssen die links/rechts, vor/zurück, oben/unten-Bewegung zulassen und den Schwung mit dem Becken aufnehmen.

Angst beim Reiten als Chance ergreifen
Hier siehst du, wie das Becken des Reiters den Bewegungen des Pferdebeckens folgt

Aber genau das ist häufig der Kasus Knaxus: Viele Reiter machen sich fest und können die Bewegung nicht zulassen. Dadurch wird der Sitz fest und wir behindern unser Pferd dabei, über den Rücken zu gehen.

Mangelnde Losgelassenheit: Ist ein Bereich fest, ist es auch der Rest des Körpers

Die Muskeln unseres Körpers hängen alle miteinander zusammen. Sie sind als Muskelketten und über Faszien miteinander verbunden Wer den Kiefer zusammenpresst und die Zähne aufeinanderbeißt, wird auch im Hals-, Nacken- und Schulterbereich, den Rücken runter bis zum Becken verspannen.

Selbstversuch: Muskelspannungen wahrnehmen

Das kannst du ganz leicht nachfühlen: Schwing doch mal deine Arme auf und ab. Dann machst du das nochmal und beißt dabei fest die Zähne aufeinander. Spürst du den Unterschied? Wird dein Nacken steifer, Schultern und Rücken fest und das Armschwingen ist nicht mehr so leicht und flüssig? Diese Spannung geht sogar noch weiter – die Arme werden fest, dein Handgelenk wird steif (auf dem Pferd hast du dann eine harte Reiterhand).

Genauso kann aber auch ein steifes Handgelenk zu einem festen Rücken und einem festen Becken führen.

Warum sind wir beim Reiten fest?

Die Gründe, warum wir uns beim Reiten fest machen und nicht mehr locker mit dem Becken mitschwingen können, sind ganz vielfältig. Ich spanne mich zum Beispiel (unbewusst) oft an, wenn ich mich konzentriere. Diese An- oder Verspannung der Muskeln führt zu einem festen Beckenbereich.

Mit dem Becken entspannt mitschwingen
Mit dem Becken entspannt mitschwingen

Weitere Gründe für ein festes Becken können sein:

  • Zu lange Steigbügel. Wenn das Reiterbein zu lang gestreckt ist, wird die Hüfte blockiert und das Becken wird am Mitschwingen behindert. Der Reiter muss seine Muskeln nutzen, um den Bügel halten zu können. So wird er fest. Zu lange Steigbügel können außerdem zu einem Spaltsitz führen. Dann sitzt der Reiter mehr auf den Oberschenkeln als auf den Gesäßknochen. Die dreidimensionale Bewegung kann so unmöglich abgefangen werden.
  • Hohlkreuz. Ein Hohlkreuz blockiert das Becken und verhindert ein Schwingen des Pferderückens. Wer im Hohlkreuz sitzt, der sitzt eher auf seinen Oberschenkeln, als auf seinen Sitzknochen. Dadurch wird das Becken fest und es wird unmöglich, den Bewegungen des Pferdes fließend zu folgen. Weil die Wirbelsäule im Hohlkreuz extrem gebogen ist, ist jedes Mitschwingen erschwert.
  • Mangelnde Bauchmuskulatur. Bauchmuskeln sind wichtig zum Reiten, weil sie für die notwendige Stabilität und einen aufrechten Sitz sorgen. Fehlt die Muskulatur, verkrampft der Reiter, weil ihm die Kraft zur Stabilisierung fehlt. Durch Verspannung ist ein entspanntes Reiten nicht mehr möglich. Die Bauchmuskulatur hat aber noch eine weitere wichtige Aufgabe in Bezug auf das Becken: Wird das Becken abgekippt, um das Tempo zu verändern oder das Pferd zu versammeln, spielen Bauchmuskeln ebenfalls eine wichtige Rolle, denn sie sorgen für das Abkippen des Beckens. Fehlen die Bauchmuskeln, nutzen Reiter ihren langen Rückenmuskel dafür. Das Problem dabei ist, dass der Reiter ins Hohlkreuz gerät und mit den Gesäßknochen in den Pferderücken drücken. Außerdem kann die Bewegung nicht mehr vom Becken abgefangen werden. Generell gilt: Je besser die körperliche Verfassung ist, das heißt je mehr Muskeln ein Reiter hat, desto stabiler sitzt er und desto lockerer kann er sein, weil er die Stabilität nicht durch das Anspannen von Muskeln bewirken muss.
  • Zu dicke Sattelpauschen. Auch wenn es seltsam klingt: Der Sattel kann uns und unser Pferd blockieren. Vor allem ängstliche Reiter mögen dicke Pauschen, weil sie das Gefühl haben, mehr Halt zu haben. Und auch in der Dressur sieht man diese Sättel sehr häufig. Leider verhindern diese Sättel aber das lockere Mitschwingen von Hüfte und Becken, weil sie keine großen Sitzvarianten zulassen und die Bewegung einschränken.
  • Angst. Angst spielt immer wieder eine wichtige Rolle: Wenn wir ängstlich oder angespannt sind, dann neigen wir häufig dazu, uns mit unseren Beinen – bewusst oder unbewusst – festzuhalten oder uns im Rücken festzumachen. Auch entspannt Atmen können wir bei Angst nicht. So blockieren wir unser Becken.

Mehr Lockerheit für deinen Reitersitz: meine Tipps

Wenn du ganz bewusst auf dein Becken achtest, wirst du schnell merken, ob es eher fest ist oder ob es locker mitschwingt und der Bewegung des Pferderückens folg. Ich lasse dafür mein Pferd im Schritt auf dem Reitplatz laufen und achte nur darauf, welche Bewegung mein Becken macht.

Wenn du merkst, dass du gar nicht so locker sitzt, wie du eigentlich immer dachtest, dann solltest du mal ein paar der folgenden Tipps ausprobieren:

Die liegende Acht

Eine super Hilfe, das feste Becken ganz bewusst zu lockern, ist, sich eine liegende Acht vorzustellen. Wenn du völlig losgelassen und entspannt auf dem Pferd sitzt und dich passiv im Schritt tragen lässt, kannst du fühlen, dass die Beckenenden eine liegende Acht beschreiben. Am besten lässt du dich dabei von einem Helfer führen, denn du solltest dich ganz allein auf deinen Sitz konzentrieren und reinfühlen können. Wenn du diese liegende Acht spürst, ist alles richtig. Dann ist das Becken locker und das Pferd kann sich frei unter dir bewegen.

Entspannt atmen

Die richtige Atmung – tiefe Bauchatmung – hilft dabei, das Becken zu lockern, weil die Muskeln alle miteinander verbunden sind. Ohne die richtige Atmung können wir vom Kopf her niemals wirklich locker werden und unsere Muskeln entspannen. Hier findest du ganz viele Tipps zum richtigen Atmen.

Das Becken bewusst festmachen

Wenn du dein Becken bewusst festmacht und anschließend wieder lockerst, hilft es dir zu erspüren, wie es sich richtig anfühlen sollte. Dafür kannst du auf dem stehenden oder geführten Pferd mal bewusst ins Hohlkreuz gehen und dich anschließend wieder locker hinsetzen. Danach gehst du in den Spaltsitz und hältst dich mit den Oberschenkeln fest. Oder du machst einen Rundrücken, ehe du dich wieder locker in den Sattel setzt. Beim Reiten solltest du dich immer an das entspannte Gefühl erinnern und versuchen dieses wieder zu erreichen.

Hula-Hoop

Auch zu Hause und ganz ohne Pferd kannst du an deiner Beckenbeweglichkeit arbeiten: Hula-Hoop ist das Zauberwort. Training mit Hula-Hoop-Reifen sorgt für ein bewegliches Becken. Um den Hula-Hoop-Reifen in der Luft halten zu können, musst du deine Hüfte schwungvoll hin- und her-, vor- und zurückbewegen. So wird der ganze Beckenbereich beweglicher, während gleichzeitig die Muskeln gestärkt werden.

Bist du auch oft zu fest im Becken? Ich hoffe, dass dir meine Tipps dabei helfen können lockerer zu werden. In meiner Online-Bibliothek findest du auch ein Aufwärm-eBook für den Stall mit weiteren Ideen. Du bekommst es, wenn du dich für meinen Newsletter angemeldet hast.

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18 Kommentare zu „Mit dem Becken beim Reiten mitschwingen: Warum es so wichtig ist und wie du locker auf dem Pferd sitzen kannst“

  1. Vielen Dank für die Tipps. Ich habe grade vor kurzem erst gelernt, dass man den Bauch anspannen soll und das Scharmbein zum Bauchnabel ziehen soll. Macht das denn nicht das Becken wieder fest?
    Danke für deine Meinung.
    Liebe Grüße, Tanja

    1. Hallo Tanja,

      ja, das macht in der Tat das Becken fest. Und wenn du den Bauch anspannst, geht dir auch ein wenig das entspannte Atmen flöten.

      Ich weiß nicht, in welchem Zusammenhang du das gelernt hast, evtl. im Zusammenhang mit dem Spaltsitz oder dem „schwer machen im Sattel“? Was dir hier als Bild helfen könnte, ist die imaginäre Kugel, die du wie eine Billardkugel am Ende deiner Wirbelsäule in ein kleines Loch plumpsen lässt. Darüber schreib ich ausführlich hier.

      Liebe Grüße
      Karolina

  2. Pingback: Pferdefreunde | Reitersitz verbessern

  3. Ich reite zwischendurch immer auch gerne ohne Sattel, in allen Gangarten. Das hat die Balance schon erheblich verbessert und durch die gewonnene Sicherheit, ist der ganze Körper entspannt – erst recht im Sattel. Ich kann daher den Punkt mit den Steigbügeln nicht unterschreiben, da es für mich kein zu langes Bein gibt, sondern nur ein entspanntes, das sich nicht in den Steigbügeln abstützt. Die Kugeltheorie und die liegende Acht finde ich klasse und werde beim nächsten Mal darauf achten 🙂 Danke dafür!

    1. Liebe Bianca,
      ich liebe es auch ohne Sattel zu reiten, es schult den eigenen Sitz ungemein.
      Ein langes, entspanntes Bein ist natürlich das Ziel, so soll es sein. Trotzdem sieht man die zu langen Steigbügel immer wieder. Es gibt viele Reiter, die so sehr damit beschäftigt sind, nach den Bügeln zu angeln, dass sie gar nicht locker und entspannt sitzen können – insbesondere im Trab und im Galopp sieht man das immer wieder. Schau dir mal die Isi-Reiter an, zu denen ich ja auch gehöre. Da siehst du sehr viele sehr lange Beine. 😉
      Ich bin übrigens gespannt, wie du die Kugel und die liegende Acht in der Praxis findest!
      Liebe Grüße
      Karo

      1. Hallo Karo,

        ok – erwischt 😉 Ich war auch gerne so jemand, der gerne seine Steigbügel im Galopp verlierte 😀 Ich muss dazu sagen, dass ich noch vor zwei Jahren tendenziell die Steigbügel zu kurz geschnallt hatte, aus Angst, sie im Trab oder Galopp zu verlieren (was für mich das Risiko bedeutete, runter zu fallen) – dadurch verkrampfte ich mich aber schon im Schritt sehr mit dem Ergebnis, schmerzhafte Krämpfe am Oberschenkel zu bekommen. Daher wurden sie später, bei besserer Balance, immer länger. Unsere Reitlehrerin sagte letzte Stunde (wir ritten alle ohne Sattel) einen guten Satz, als sich eine der Schülerinnen nach ihren Steigbügeln zurücksehnte: „Die Steigbügel sind zum Aufsteigen da. Punkt.“ Fand ich sehr passend 😀

  4. Pingback: Der Sitz - Das Becken als Bewegungszentrum - IndigoPferd

  5. Ich nehme seit kurzem Reitunterricht im Stall wo mein Pflegepferd steht.Der Unterricht ist. ..anders.KEIN Hacken hinunter, Brust heraus usw.Hier geht’s um lockere Muskulatur, Sitzbeinhöcker spüren, Entspannung und FÜHLEN. nun kann ich lockerleicht aussitzen ,hab viel mehr Selbstvertrauen und Dessi läuft entspannt.

  6. Schön zusammen gefasst :- ))

    Ich lasse mich immer mal wieder zwischen durch führen oder an der Longe begleiten. Dann kann ich die Arme locker auflegen und mich einige Minuten nur auf mein Becken konzentrieren. Wenn ich dann langsam die Zügel aufnehme, war ich immer wieder überrascht, wie dann so Rucker ins Becken kommen, oder ich dann doch einige Zeit wieder festmache…
    Und wenn dann Schulter herein oder Zirkel kam..ooo..ooo, das war und ist immer wieder Übung. Wie schnell geht die Lockerheit verloren :- )

  7. Die liegende Acht hilft einem auch enorm, das Pferd im Schritt zu beeinflussen. Wenn man sich vorstellt die Kugel im Becken langsamer durch die Acht rollen zu lassen oder etwas schneller. Vor allem bei Pferden die sich über hetzen und bei denen die Reiter versuchen das Tempo über die Zügel zu korrigieren, kann dieses Bild ungemein helfen. Dazu kann sich jeder die liegende Acht gut vorstellen – ob Anfänger oder Profi. 🙂

    Auf dem Pferd mit den Beinen „Fahrrad fahren“ kann auch helfen das Becken zu lockern – besonders wenn man sich gerne verspannt, nach Konzentrationsphasen oder auch nach „Angstsituationen“.

    Viele Grüße
    Melli

    1. Liebe Melli,
      Danke für den Tipp mit der Kugel. Das habe ich noch nicht gehört, aber das werde ich auf jeden Fall mal ausprobieren. 🙂 Es ist vermutlich ganz ähnlich wie beim Leichttraben – damit kann man das Tempo ja auch super variieren.
      Beim Fahrradfahren wurde mir übrigens mal gesagt, man solle sich vorstellen, dass man rückwärts Fahrrad fährt.
      Viele Grüße
      Karo

    1. Lieber Pfridolin,
      beim Hula Hopp sehe ich leider genauso unelegant aus wie die Frau, deswegen habe ich den Hula-Hoop-Reifen meinem Pferdefreund Sleipi geschenkt. Der hat beim Spielen damit riesig viel Spaß. Ich versuche es dafür mit dem Atmen und der liegenden Acht. 🙂
      Liebe Grüße
      Karo

  8. Pingback: Mach dich mal locker – Darum ist Knieschluss Quatsch | Pferdefreunde

  9. Die liegende 8 werde ich mir in die nächste Reitstunde mitnehmen. Das Bild finde ich toll. Ich habe das Buch von Sally Swift auch bei mir liegen, sie hat mich zu einigen Bildern inspiriert. Ich finde Bilder so wahnsinnig hilfreich. Also danke für die liegende 8 und den schönen Artikel. Hab ein schönes Wochenende und alles Liebe, Petra

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