Faszien bei Pferden

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Faszien bei Pferden – Aufgabe und Funktion vom Spinnennetz des Pferdekörpers

Über kaum ein anderes Thema wurde in den vergangenen Jahren so viel geredet, wie über Faszien. Das liegt vor allem daran, dass die Faszienforschung noch recht jung ist und man lange Zeit gar nicht so richtig viel über diese bindegewebsartigen Strukturen im Körper wusste. Heute gelten Faszien als weiteres Sinnesorgan und ihnen wird immer mehr Beachtung geschenkt.

Faszien sind im Grunde das Bindegewebe, das den gesamten Körper wie ein Spinnennetz durchzieht. Sie sind im Körper stark vernetzt und verbinden so alle Teile des Körpers. Deswegen werden Faszien und Bindegewebe in der Regel Synonym verwendet. Auch Sehnen, Bänder und Gelenkkapseln sowie Muskel- und Nervenhüllen sind Faszien. In ihrem Buch Faszientherapie und Faszientraining für Pferde schreiben Barbara Welter-Böller und Maximilian Welter darüber, was Faszien sind: „wenn man das Fell herunterzieht: die große, alles überdeckende äußere Körperhülle […] darunter: die tiefer gelegenen, eigentlichen Faszien, die den Körper gliedern (Organe, Muskeln, Nerven).“

Wenn du ein Stück Fleisch kaufst, siehst du in der Regel die Faszien (das sage ich nicht aus Erfahrung, denn ich esse seit mehr als 20 Jahren kein Fleisch. Das ist jetzt nur „nachgebrabbelt“ 😉 ). Sie sind die weiße Schicht auf dem Fleisch und durchziehen es mit weißen Fasern.

Faszien im Fleisch
Auf diesem Bild (pexels.com) siehst du im und auf dem Fleisch auch die weißen Faszien

Faszien bestehen aus Kollagen, Elastin und einer wässrigen Grundsubstanz. Kollagen wird auch als „Gerüsteiweiß“ bezeichnet. Es ist leicht dehnbar und ziemlich reißfest. Angeblich, so schreibt es Robert Schleip in seinem Buch Faszien Fitness, ist die Zugfestigkeit von Faszien höher als die von Stahl (Quelle: Robert Schleip, Faszien Fitness, S. 19f). Elastin gibt den Faszien ihre Elastizität und sorgt dafür, dass sich die Faszien wie ein Gummiband dehnen lassen und anschließend wieder ihre eigentliche Länge annehmen.

Eine Expertin auf dem Gebiet der Faszien ist die Pferdeosteopathin Wiebke Heye aus Syke bei Bremen. Sie erzählt: „Faszien sind alle miteinander verbunden und können sich bei Störungen in einem Bereich, zum Beispiel bei einer Prellung am Oberschenkel, auch weiter entfernt zeigen, beispielsweise in der Lende. Die beiden Faszien, die beim Pferd am besten behandelt werden können, sind die oberflächliche und die tiefe Hautfaszie. Sie befinden sich direkt unter der Haut und sind daher gut zu erreichen. Weil die Faszien einen hohen Anteil an elastischen Fasern aufweisen und miteinander in Verbindung stehen, hat man über das Behandeln der Hautfaszien auch eine Fernwirkung auf tieferliegende Strukturen. Diese Bereiche wären ohne das Fasziengewebe nur sehr schwer direkt zu erreichen. Über die Behandlung der Hautfaszien kann man zum Beispiel Einfluss auf das Lungengewebe eines an COPD erkrankten Tieres nehmen und eine begünstigende Wirkung auf die Atmung erreichen.“

Die Aufgabe der Faszien

Faszien haben im Grunde vier Aufgaben:

  1. Sie geben dem Körper Form und Struktur.
  2. Faszien übertragen und speichern die Kraft, können Spannung halten und sorgen so für Bewegung.
  3. Das Bindegewebe umgibt jedes Organ im Körper und jede Struktur und ist wichtig für die Nährstoffversorgung und den Zellstoffwechsel
  4. Faszien nehmen Reize auf und leiten die Informationen an das Gehirn. Sie spielen daher eine wichtige Rolle bei der Kommunikation des Körpers.

Galten Faszien früher lange Zeit als eher „totes“ Gewebe, das den Körper stützt und formt, werden sie heute als weiteres Sinnesorgan des Körpers betrachtet.

Faszien als Sinnesorgan: der sechste Sinn des Körpers

Heute weiß man, dass die Anzahl von Sensoren in den Faszien die Anzahl der Sensoren in den Muskeln übersteigt. Auch ist ihre Fläche größer als die Haut, die bisher als größtes Sinnesorgan galt. Daher spielen Faszien eine wichtige Rolle in Bezug auf die Körperwahrnehmung. Und vor allem vor diesem Hintergrund beschäftige ich mich mit dem Thema Faszien bei Pferden. Mich fasziniert und interessiert die ganzheitliche Wirkung meines Trainings und meiner Arbeit mit den Pferden auf das Pferd. Durch den verbindenden Charakter, kann ich über die Faszien ganzheitlich auf das Pferd einwirken.

Schon der Erfinder der Osteopathie, Andrew Taylor Still, hat 1899 gesagt:

Wenn man mit den Faszien arbeitet, behandelt man die Zweigstellen des Gehirns. Nach allgemeinen Geschäftsregeln haben Zweigstellen gewöhnlich die gleichen Eigenschaften wie die Zentrale. Warum sollte man also die Faszien nicht mit dem gleichen Maß an Respekt behandeln, wie das Gehirn selbst?

Andrew Taylor Still

Faszien bestehen aus zahlreichen Mechanorezeptoren, also sensorische Nervenzellen, die unter anderem Druck, Berührung oder Dehnung wahrnehmen. Diese so genannten Propriozeptoren informieren den Körper über seine Lage und Bewegung im Raum und den IST-Zustand von Muskeln und Gelenkstellungen. Ist ein Gelenk gebeugt, registrieren die Propriozeptoren beispielsweise einerseits die Dehnung des Agonisten und die Kontraktion des Antagonisten.

Falls dich das Thema Propriozeption interessiert: Hier erfährst du mehr über das propriozeptive System des Pferdes, über propriozeptives Pferdetraining schreibe ich hier und hier verrate ich dir, warum vor allem hypermobile Pferde vom propriozeptiven Training profitieren.

Über die genannten Mechanorezeptoren kann ganzheitlich auf das Pferd eingewirkt werden. So haben beispielsweise die Golgi-Sehnenorgane, die Muskelkontraktionen registrieren, offenbar eine tonussenkende Wirkung. Die Ruffini-Körperchen bewirken eine Senkung der Sympathikus-Aktivität. Dies kann unter anderem durch Streichungen, Knetungen und Drückungen wie sie bei der Pferdemassage angewendet werden, erreicht werden.

Faszien bei Pferden
Faszien bei Pferden

Auch Schmerz wird von den Faszien wahrgenommen. Insbesondere von der Rückenfaszie, der Fascia thoracolumbalis, weiß man, dass sie sehr viele Schmerzrezeptoren besitzt. Ein nicht passender Sattel oder wenn der Reiter eher schlecht sitzt und dem Pferd ständig in den Rücken plumpst, verspannt sie und kann zu Schmerzen führen.

Darüber hinaus besitzen die Faszien zahlreiche interstitielle Rezeptoren. Sie sind, anders als die Propriozeptoren, nicht mit dem ZNS, sondern mit dem vegetativen Nervensystem verbunden, das unbewusste Körpervorgänge und Bewegungen steuert.

Falsches Training und fehlerhafte Fütterung kann Faszien schaden

Wenn der Körper falsch trainiert wird, schadet das auch den Faszien. Ein Ungleichgewicht in der Faszien-Spannung kann entstehen und sie verlieren an Elastizität. Sind die Faszien nicht mehr so elastisch und möglicherweise verklebt, nehmen Bewegungsfreude und Gangqualität des Pferdes ab – schließlich sind Faszien an sämtlichen Bewegungen des Körpers beteiligt. Auch Rittigkeitsprobleme oder Probleme mit der Körperwahrnehmung können Folgen sein.

„Auch organische Beschwerden, wie Husten, Kurzatmigkeit, schnelles Ermüden, häufige Koliken und anderes können sich zeigen. Sogar psychische Veränderungen sind aufgrund von geschädigten Faszien möglich, beispielsweise vermehrte Schreckhaftigkeit, Apathie und aggressives Verhalten“, sagt Wiebke Heye.

Sie verrät, dass auch die Fütterung eine wichtige Rolle in Bezug auf die Faszien-Gesundheit spielt: „Hier ist besonders darauf zu achten, dass es nicht zu einer Übersäuerung im Körper kommt. Dies mögen Faszien überhaupt nicht und sie reagieren mit schmerzhaften Verklebungen. Um eine Übersäuerung im Körper zu vermeiden, sollte die Kraftfutterration eines Pferdes unbedingt den Leistungsanforderungen angepasst werden. Freizeitpferde zum Beispiel brauchen normalerweise KEIN Kraftfutter, selbst wenn sie täglich ein bis zwei Stunden in durchschnittlichem Tempo im Gelände bewegt werden – natürlich gibt es hier auch Ausnahmen. Der Übersäuerung im Körper kann effektiv entgegenwirkt werden durch die Fütterung von gutem Heu, viel lockerer Bewegung, viel trinken und Futter wie Möhren, Äpfel, usw.“

Verklebte Faszien erkennen

Ob die Faszien deines Pferdes verklebt sind, kannst du ganz einfach herausfinden, indem du testest, ob sich die Faszien verschieben lassen. Dazu legst du deine flache Hand auf den Körper deines Pferdes und verschiebst sie ganz langsam nach links und recht, oben und unten. Fällt das Verschieben schwer, solltest du dein Pferd von jemanden überprüfen lassen, der sich mit dem Thema gut auskennt, beispielsweise der Pferdeosteopath oder Pferdephysiotherapeut deines Vertrauens.

Faszientraining und Faszientherapie

Um die Faszien deines Pferdes gesund zu erhalten, solltest du auf viel freie Bewegung und ein lockeres Training achten, bei dem dein Pferd stetig zwischen Anspannung und Entspannung wechselt.

Auch ist ein möglichst abwechslungsreiches Training wichtig. Tipp: Wie du dein Pferd abwechslungsreich trainierst, verrate ich dir unter anderem in meinem Beitrag Rückentraining für Pferde: 6 Übungen für einen starken Pferderücken und in meinem Text Bodenarbeit mit Pferd: 10 Übungsideen für mehr Abwechselung vom Boden. Außerdem empfehle ich dir meinen Onlinekurs Rückenfitte Pferde.

Für den Menschen empfiehlt Faszienforscher Robert Schleip in seinem Buch Faszien Fitness vier Aspekte, die sich auch auf das Pferdetraining übertragen lassen:

  • Dehnen (aktive und passive Dehnungsübungen, beispielsweise ein Dehnen der Gließmaßen, wie ich es dir auch in meinem Onlinekurs Mehr Balance mit kreativer Bodenarbeit zeige, Längsbiegungen, Seitengänge wie Schulterherein, vorwärts-abwärts, Stangenlabyrinth )
  • Federn (Wippentraining mit der Pferdewippe, Trabarbeit, Stangen)
  • Spüren (dies ist schwierig, da wir mit unseren Pferden nicht sprechen können. Aber dennoch kann einiges adaptiert werden. Es geht hierbei um die Eigenwahrnehmung des Pferdes. Hier lässt sich einiges über takile Reize, propriozeptives Training, Körperbänder und ähnliches erreichen)
  • Beleben (Massage mit Faszienrollen oder tonisierende Bindegewebsmassage)

Darüber hinaus kann dir ein Therapeut deines Vertrauens weitere Tipps und Übungen mitgeben. Beispielsweise hat das Kinesio Taping einen positiven Einfluss auf die Faszien.

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Faszien und Biotensegrity

Ein besonders spannendes Thema in Bezug auf die Faszien, auf das ich an dieser Stelle nicht näher eingehen kann, ist das Thema Biotensegrity. Hierzu habe ich wahnsinnig spannendes Buch von Maren Diehl gelesen, das ich dir gern ans Herz legen möchte.

Auf der Rückseite des Buches heißt es:

„Durch die Verbindung von Biotensegrity mit dem neuesten Wissen über die myofaszialen Zugbahnen beim Pferd, den aufmunternden Ergebnissen der Hirnforschung und dem ‚Raum der Möglichkeiten‘ als Übungsfeld, liefert die Autorin ein weiteres prall gefülltes Werk. Es ist eine Einladung, Bewegungslernen, tensegrales Denken und Fühlen, Problemlösungsprozesse und persönliche Entwicklung von Pferd und Mensch fröhlich zu verknüpfen.“

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4 Kommentare zu „Faszien bei Pferden – Aufgabe und Funktion vom Spinnennetz des Pferdekörpers“

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  3. Wie spannend! Ich danke euch für dieses tolle Interview. Ich hatte mich vorher auch noch nicht mit den Faszien beschäftigt und bin wirklich fasziniert davon, wie groß der Einfluss der Faszien auf die Pferdegesundheit ist. Alles Liebe, Petra

    1. Hallo Petra,
      danke für dein Feedback.
      Ich finde das Thema auch richtig spannend und es war mir vorher auch gar nicht bewusst, wie groß der Einfluss der Faszien auf den Körper ist. Aber man selbst hat es ja auch immer schon mal gehabt: Man denkt es tut an einer Stelle weh und am Ende ist die Ursache an ganz anderer Stelle zu finden.
      Liebe Grüße
      Karo

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