Klassische Handarbeit mit Pferd

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Klassische Handarbeit mit Pferd: Tipps und Übungen für den Anfang

Bei einem Bodenarbeitskurs im Sommer 2014 habe ich die klassische Handarbeit kennengelernt und seitdem ist sie fester Bestandteil unseres Trainingsalltags. Warum ich die klassische Arbeit an der Hand so schätze und wie du am besten mit der gymnastizierenden Handarbeit startest, verrate ich dir in diesem Beitrag.

Ich schätze die klassische Handarbeit mit Pferd aus verschiedenen Gründen. Sie hilft mir dabei, mein Pferd zu gymnastizieren, Muskeln und Tragkraft aufzubauen und die Balance zu verbessern, ohne dass ich auf dem Pferderücken sitzen muss. Das heißt, dass ich mein Pferd weder durch meine Sitzfehler, noch durch mein Gewicht störe. Auf diese Weise unterstütze ich mein Pferd vom Boden aus dabei in die Lage zu kommen, mein Reitergewicht tragen und meine reiterlichen Defizite ausgleichen zu können.

Die reiterlichen Defizite erwähne ich an dieser Stelle so explizit, weil niemand von uns Freizeitreitern unfehlbar. Ich selbst bin zum Beispiel Rechtshänder und habe rechts viel mehr Kraft als links. Diese setze ich (leider) unbewusst beim Reiten ein. Meine linke Hand und mein linkes Bein sind im Vergleich dagegen ein wenig unkoordiniert. Ich störe mein Pferd also im Grunde immer wieder mit meinen eigenen körperlichen Defiziten.

Außerdem kann ich mit der Arbeit an der Hand Lektionen einführen, die ein Reiter vielleicht selbst (noch) nicht umsetzen kann oder die das Pferd mit Reitergewicht zunächst noch (körperlich) überfordern würden. Mein Pferd hat beispielsweise an der Hand bereits Travers, Renvers und Schulterherein gelernt, ehe wir es vom Sattel aus mit in unser Trainingsrepertoire aufgenommen haben.

Ein weiterer Vorteil der Arbeit mit dem Kurzzügel besteht darin, dass ich mein Pferd im Ganzen sehen kann. Ich sehe, ob es gerade spurt und beim Schulterherein auf drei Hufspuren läuft.

Das Equipment: die richtige Ausrüstung für die klassische Handarbeit

Um dein Pferd vom Boden aus gymnastizieren zu können, brauchst du im Grunde nicht viel:

  • einen Kappzaum und/oder
  • eine Trense
  • eine Gerte
  • Zügel oder/und Führstrick

Wenn du nicht klassisch mit negativer Verstärkung, sondern stattdessen mit positiver Verstärkung arbeitest, bräuchtest du statt einer Gerte ein Target, einen Leckerlibeutel und Leckerlis.

Handarbeit und Kurzzügelarbeit mit Pferd
Handarbeit und Kurzzügelarbeit mit Pferd: Tipps und erste Übungsideen

Kappzaum oder Trense: Was ist besser?

Ob du für die Handarbeit einen Kappzaum oder eine Trense nutzt, ist abhängig von deinem Pferd. Mein Pferd mag die Trense ohne einengende Nasenriemen wesentlich lieber. Deswegen greife ich in den meisten Fällen zur Trense, wenn ich weiß, dass ich „nur“ gymnastizierend an der Hand arbeiten möchte. Möchte ich jedoch longieren und die Handarbeit als lösende und versammelnde Ergänzung einbinden, arbeite ich mit Kappzaum.

Natürlich musst du mit Gebiss noch feiner einwirken als mit dem Kappzaum. Aber du merkst es in der Regel schneller, ob du fest in der Hand bist und „zu viel am Zügel ziehst“ als beim Reiten.

Die Gerte als verlängerter Arm

Ich weiß, dass die Gerte bei sehr vielen Reitern unberechtigterweise einen sehr schlechten Ruf hat. Ich setze die Gerte (ebenso wie die Peitsche) als verlängerten Arm ein. Sie vergrößert sozusagen meinen Körper und bietet mir die Möglichkeit, akzentuiert Hilfen zu geben.

Bei der Wahl der Gerte solltest du darauf achten, dass sie 1. nicht zu schwer ist und 2. lang genug, damit sie bis zur Kruppe deines Pferdes reicht.

Handarbeit mit Pferd: Erste Schritte

Bevor du mit der eigentlichen Handarbeit startest, solltest du zunächst an deiner Führkompetenz arbeiten. Das heißt, dass du dein Pferd mindestens von links, rechts und zwischen zwei Händen führen können solltest.

Lesetipp: Ein Pferd richtig führen: Warum das gar nicht so einfach ist

Um flexible Führpositionen und den Weg hin zur Handarbeit geht es auch im Selbstlernkurs Grundlagen der Bodenarbeit.

Die Grundposition bei der Arbeit an der Hand

Bei der Arbeit mit dem Kurzzügel solltest du innen und etwa auf Schulterhöhe deines Pferdes gehen. Mit der dem Pferd abgeneigten Hand greifst du den Zügel direkt vorn am Gebiss. Mit der anderen Hand hältst du die Gerte und greifst etwa auf Höhe des Widerrists den äußeren Zügel.

Ein Pferd mit gutem Körpergefühl bei der Handzügelarbeit
Ein Pferd mit gutem Körpergefühl bei der klassischen Handarbeit

Mit dieser Position solltest du dich nun erst einmal gut vertraut machen, in dem du mit deinem Pferd erst einmal nur geradeaus auf beiden Händen gehst (ganze Bahn). Auch das Anhalten – immer verbunden mit einem Stimmkommando – solltest du üben.

Solltest du statt mit Trense mit einem Kappzaum arbeiten, kommt es darauf an, ob du ein Bodenarbeitsseil oder eine Longe vorne in EINEN Ring einhängst, oder ob du mit „normalen“ Zügeln arbeitest, die du in zwei seitliche Ringe einhängst.

Nutzt du „normale“ Zügel, gehst du vor wie bei der Arbeit mit Trense.

Wenn du mit Longe oder Bodenarbeitsstrick und nur einem Ring arbeitest, musst du ein wenig anders agieren: In diesem Fall gehst du entweder (rückwärts) vor deinem Pferd – so wie zum Beispiel in der Akademischen Reitkunst üblich – oder du gehst mehr auf Höhe des Pferdekopfes.

Hinweis: Die Höhe Pferdekopf empfehle ich anfangs vor allem deswegen, weil ich es häufig sehe, dass Kopf und Hals viel zu weit nach innen gezogen werden, wenn der Mensch auf Schulterhöhe geht. Dadurch wird das Pferd total schief und läuft über die äußere Schulter weg. Später kannst du deine Position auch variieren.

Führen mit Kappzaum
Führen mit Kappzaum

Wenn das normale Führen geradeaus gut klappt, kannst du anfangen Tempovarianzen im Schritt einzubauen und zwischen Dehnung und Aufrichtung mit mehr Lastaufnahme mit der Hinterhand wechseln.

Du übst Stellung und Biegung und bindest nach den Geraden auch gebogene Linien (Volten/Zirkel/Schlangenlinien) ein.

Im weiteren Verlauf kannst du das Rückwärts, das Übertreten (Schenkelweichen an der Hand), klassische Bahnfiguren (durch die Bahn wechseln, Schlangenlinien, Achten, durch den Zirkel wechseln und vieles mehr) sowie die klassischen Seitengänge Schulterherein, Renvers, Travers, Traversalen, Pirouetten und vieles mehr einbauen. Christina von Herzenspferd erklärt dir hier, wie du das Schulterherein am Boden erarbeiten kannst.

Lesetipp: Hier findest du ein paar Ideen, wie du Seitengänge kreativ in dein Training einbinden kannst.

Die Gerte bei der Arbeit an der Hand

Noch ein paar wenige Worte zum Gerteneinsatz bei der Arbeit an der Hand: Ich nutze die Gerte im Grunde dreifach:

  • als treibende Hilfe
  • als Zeigestock
  • als „inneren Schenkel“

Der Einsatz als treibende Hilfe sollte klar sein: Ich nutze sie vorsichtig an der Hinterhand, um das Bewusstsein meines Pferdes auf die Hinterhand zu lenken und es zum vermehrten Untertreten anzuregen. Möchte ich ein Übertreten/Schenkelweichen von mir weg, kann ich die Gerte als Begrenzung und seitwärts treibenden Impuls leicht an den Pferdekörper anlegen.

Als Zeigestock setze ich sie ein, indem ich sie beispielsweise über den Pferderücken führe und mit der Gertenspitze auf die äußere Seite der Kruppe zeige, um so ein Travers oder eine Traversale (auf mich zu) zu initiieren. Natürlich funktionierte es nicht auf Anhieb mit dem Zeigen. Zuvor musste ich kleine Impulse mit der Gerte geben. In Kombination mit dem Verschieben der Schulter nach außen, war meinem Pferd schnell klar, was zu tun ist und von da an, reichte das Verschieben der Schulter und ein Gertenzeig aus.

Als „inneren Schenkel“ setze ich die Gerte ein, wenn mein Pferd sich schlecht biegt und an eben der Stelle einen Impuls braucht, um sich zu biegen und sich nicht zu sehr auf der inneren Schulter abzustützen. Da meine Gertenhand die dem Pferd zugewandte Hand ist und den äußeren Zügel auf Höhe des Widerrists führt, kann ich die Gerte schnell als „Schenkel“ nutzen.

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Zusammenfassend würde ich dir folgende Schritte empfehlen, wenn du mit der Handarbeit starten möchtest:

  • Flexible Führpositionen festigen
  • die Grundposition der Handarbeit auf geraden Linien üben
  • Anhalten üben
  • Tempovarianzen einbinden
  • Stellung und Biegung (gebogene Linien) einbauen
  • Rückwärts
  • Übertreten
  • klassische Bahnfiguren
  • Seitengänge

Viele weitere tolle Trainingsideen bietet dir das Buch „Gymnastizierende Arbeit an der Hand“ von Oliver Hilberger*, in dem ich selbst sehr gern blätter.

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Kleiner Tipp: In meinem Selbstlernkurs Grundlagen der Bodenarbeit, bekommst du die Schritte an die Hand, die dich und dein Pferd hin zur gymnastizierenden Handarbeit bringen.

Solltest du Interesse an einem Kurs zu dem Thema an deinem Stall haben, meld dich gern bei mir!

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3 Kommentare zu „Klassische Handarbeit mit Pferd: Tipps und Übungen für den Anfang“

  1. Hallo Karolina,
    mit Interesse habe ich deinen Beitrag gelesen.
    Die Bodenarbeit wird bei mir leider immer ein wenig stiefmütterlich behandelt.
    Ich trainiere meine Pferde recht vielseitig, aber meist doch klassisch unter dem Reiter (Dressur, Springen, gymnastiziernde Arbeit, etc) und an der Longe bzw. Freiwpringen.
    Da das Pony meiner Tochter momentan nicht geritten werden darf und nach 12 Wochen Zwangspause muskulät stark abgebaut hat, steht nun der Muskelaufbau vom Boden aus wieder stark im Fokus. Sie arbeitet gerne an der Longe, aber durchaus ist es wahrscheinlich recht langweilig für sie 2x pro Tag 10 Minuten nur an der Longe gehen zu dürfen.
    Daher bin ich auf deinen Blog gestoßen. Ich werde, um das Training abwechslungsreicher gestalten zu können, die Bodenarbeit auf jeden Fall in unser Aufbautraining mit aufnehmen.
    Vielen Dank für deine Denkansätze. Vieles ist in meinen Gehirnwindungen an Know how vorhanden und wurde nun durch diesen Beitrag wieder hervor gekramt und durchaus auch an mancher Stelle ergänzt.

    Viele Grüße
    Rebecca

    1. Liebe Rebecca,
      vielen Dank für deinen netten Kommentar! Ich freue mich sehr, dass ich dir ein paar Ideen für dein Training mit auf den Weg geben kann.
      Für den Muskelaufbau empfehl ich dir unbedingt auch das Training mit instabilen Untergründen zur Aktivierung der Propriozeptoren und zur Verbesserung der Eigenwahrnehmung. Vor allem nach einer Zwangs-Stehpause verbessern sie definitiv die Sicherheit in punkto Gelenkstabilität.
      Viele Grüße
      Karolina

      1. Hallo Karolina,
        das habe ich auf jeden Fall vor. Man merkt sehr gut, dass die Koordination sehr gelitten hat in den letzten Wochen.
        SIe ist schon wieder deutlich besser geworden, seit sie sich wieder bewegen darf, aber noch nicht wieder wie vorher.
        Viele Grüße
        Rebecca

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