Rezension Im Kreis der Herde

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Rezension: Im Kreis der Herde

Wenn ich meinem Pferd ein so artgerechtes Leben wie möglich bieten möchte, muss ich natürlich wissen: Was heißt artgerecht überhaupt? Ist artgerecht bei der Haltung von Islandpferden ebenso artgerecht wie bei der Haltung von iberischen Pferden? Wie groß sollte eine Herde sein? Hier hilft ein Blick auf das Leben und das Verhalten wildlebender Pferde. Denn sie zeigen uns am besten, wie sie sich in freier Wildbahn verhalten, welchen Lebensraum sie bevorzugen, was sie fressen, wie sie mit Artgenossen kommuniziert usw.

Natürlich können wir nicht einfach unsere Tasche packen, eine Herde Wildpferde besuchen und uns von ihrem Leben inspirieren lassen. Einige wenige können das vielleicht machen, ich persönlich könnte es (zumindest zum jetzigen Zeitpunkt und in den nächsten Jahren definitiv) nicht.

Buchcover Im Kreis der Herde von Marc Lubetzki
Marc Lubetzki nimmt den Leser mit seinem Buch Im Kreis der Herde mit auf eine beeindruckende Reise zu den Wildpferden

Doch es gibt jemanden, der genau das seit vielen Jahren schon macht: der Tierfilmer Marc Lubetzki. Marc verbringt jedes Jahr einige Wochen zwischen Wildpferden, unter anderem im Peneda-Gerês Nationalpark in Portugal, im Exmoor in Groß Britannien, auf der Halbinsel Geltinger Birk in der Flenbsburger Förde in Deutschland und in den Dinarischen Alpen in Bosnien. Er dokumentiert mit seiner Kamera ihr Leben, ihre Verhaltensweisen, ihre Herdenstrukturen, ihre Lebensräume und ihre Art der Kommunikation. In seinem Buch Im Kreis der Herde. Von wilden Pferden lernen berichtet er von diesen Erlebnissen und nimmt uns Leser mit auf seine Reise in das Leben der wilden Pferde.

Das Buch beinhaltet vier große Themenbereiche:

  • Into the wild – die Welt der Pferde
  • Moments of life – das Leben in der Herde
  • Lunchtime – die Speisekarte der Pferde
  • Good Homes – ein Leben im Gleichgewicht

Mir sind vor allem zwei Themen im Kopf geblieben, weil sie mich traurig und nachdenklich gestimmt haben: das Leben der Hengste und die Fohlen/Jungpferde und ihre Familien.

Das Los der Hengste

Auf eindrucksvolle Weise erzählt Marc, wie Hengste ihre Herden bewachen, wie sie für Ordnung sorgen, wie sie sie beschützen, wie liebevoll sie sich auch um ihre Fohlen kümmern und wie sie als Männer-WG gemeinsam durchs Leben ziehen. So schreibt er: „Junge Hengste, die häufig miteinander spielen, bleiben oft ihr Leben lang befreundet.“

Wenn ich daran denke, wie Hengste bei uns gehalten werden und welches begrenzte und unnatürliche Leben sie haben, dann macht mich das wirklich traurig. Die wenigsten von ihnen haben eine Herde, die meisten sind separiert ohne wirkliche Sozialkontakte. Der Deckakt erfolgt häufig nicht einmal mit einer Stute, der Hengst muss stattdessen ein künstliches Pferd bespringen.

Umgekehrt empfinde ich es aber auch unfassbar schlimm, was den Stuten angetan wird: Sie werden künstlich besamt und sind ohne Deckakt plötzlich tragend. Ob sie verstehen können, was da mit ihnen passiert ist? Ich bezweifle das. Und ja, vielleicht besteht ein Verletzungsrisiko. Aber das besteht doch immer und überall und wäre dieser Akt so gefährlich, hätte die Evolution sicherlich dafür gesorgt, dass er anders aussehen würde.

Zeit der Veränderung

Im Kapitel „Zeit der Veränderung“ beschreibt der Autor die ersten Tage eines neuen Fohlens. „Das süße Fohlen zieht meine Aufmerksamkeit auf sich, aber es sind gerade die Jährlinge, die ihre erste große Veränderung im Leben durchlaufen. Bisher waren sie der gut behütete Mittelpunkt der Herde, doch mit der ersten Geburt des Jahres ändert sich das. Fortan sind es ihre neugeborenen Geschwister, die den engsten Kontakt zu ihrer Mutter haben. Die Fohlen vom Vorjahr müssen dagegen ihren neuen Platz in der Gruppe erst noch finden. […] Es ist der Beginn einer aufregenden Zeit. Eine Zeit, in der sich die Jährlinge immer mehr von ihren Müttern lösen und anfangen, ihre eigenen Erfahrungen zu machen.“

Wann werden bei uns den Fohlen ihre Mütter und den Müttern ihre Fohlen weggenommen? Mit sechs Monaten? Früher? Das „Absetzen“ erfolgt in den meisten Fällen ziemlich rabiat und ist dann häufig endgültig. Kaum eine Pferdemama darf ihr Baby beim Erwachsenwerden begleiten…

Was ich an Im Kreis der Herde mag

Das Buch Im Kreis der Herde ist eine tolle Mischung aus Bildband und leicht verständlich geschriebenem Ratgeber, das beeindruckt und zum Nachdenken anregt. Es hat bei mir dafür gesorgt, dass ich das Zusammenleben unserer kleinen Herde mit anderen Augen sehe. In seinem Vorwort zum Buch schreibt Marc Lubetzki: „Natürlich sehe ich heute Pferde mit anderen Augen und wünsche mir, dass besonders Pferdehalter viele Anregungen aus diesem Buch mitnehmen. Oft sind es nur kleine Veränderungen, die große Verbesserungen in Haltung und Umgang mit Pferden bewirken, und genau dafür werde ich dezente Hinweise geben.“

Ich bin mir sicher, dass Marcs Wunsch in Erfüllung geht und dass viele nach dem Lesen dieses Buches mit anderen Augen ihren Stall und die Herdenstruktur betrachten, in der ihr Pferd lebt. Mir hat das Buch auf jeden Fall einige Denkanstöße gegeben. 

Besonders hervorheben möchte ich noch die vielen, vielen tollen und beeindruckenden Wildpferdefotos, die allein das Buch zu etwas ganz Besonderem machen.

Fazit

Im Kreis der Herde. Von wilden Pferden lernen ist ein Buch, das im Kopf bleibt und Denkanstöße liefert. Es ist ein Buch, das den Leser an die Hand nimmt und ihn genau dorthin führt, wo die wilden Pferde leben. Denn Marc Lubetzki ist Tierfilmer und das spiegelt sich auch in seinem Buch wieder. Die einzelnen Szenen werden so bildhaft beschrieben, dass ich als Leser den alten Hengst mit seinen Narben und das Fohlen, das bei einer fremden Stute verzweifelt nach Milch sucht, vor mir sehe.

Eine Sache hat mich beim Lesen jedoch ein wenig gestört: Waren wir eben noch bei den Koniks, sind wir jetzt bei den Exmoorponys. Diese Szenewechsel sind mir manches mal zu abrupt und vor allem zu schnell, ich wäre gern länger in diesem Moment bei einer Herde gewesen und hätte noch mehr zu einem bestimmten Aspekt oder einem bestimmten Thema erfahren wollen.

Im Kreis der Herde von Marc Lubetzki ist auf jeden Fall ein Buch, das ich dir sehr ans Herz legen kann, wenn du das Wesen Pferd besser kennenlernen möchtest. Ich verspreche dir, du wirst nach dem Lesen vieles mit anderen Augen sehen – vor allem was die Haltung unserer domestizierten Pferde angeht!

Das Buch ist bei Kosmos erschienen (Danke für das Bereitstellen des Rezensionsexemplars).

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