Propriozeptives Pferdetraining: Was steckt dahinter und für welche Pferde ist es geeignet?

Propriozeptives Training Pferd

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Stellst auch du dein Pferd auf Balance Pads und die grüne Spielmatte des schwedischen Möbelhauses, weil du siehst, dass das derzeit alle machen? Und weißt du auch, was hinter diesem Hype steckt und warum Balance Pads und Co gut für dein Pferd sein können? Propriozeption ist das Schlagwort. Weil viele mit dieser Bezeichnung aber gar nichts anfangen können, möchte ich mit diesem Beitrag erzählen, was propriozeptives Training ist, wie und warum dein Pferd davon profitiert und wann du Propriozeptionstraining brauchst.

Der Begriff Propriozeption ist ziemlich sperrig. Er setzt sich zusammen aus den lateinischen Begriffen proprius = eigen und recipere =aufnehmen. Propriozeption – oder auch Propriorezeption genannt – steht damit für das Wahrnehmen von Reizen, die aus dem eigenen Körper kommen. Dies ist beispielsweise die Muskellänge oder der Muskeltonus (Sehnenspannung).

Das Sinnessystem, das dahinter steckt, ist das Propriozeptive System, also die Eigenwahrnehmung bzw. Tiefenwahrnehmung. Dank der Eigenwahrnehmung weiß das Gehirn um die Stellung der Gliedmaßen zueinander, der Lage des Körpers im Raum und Körperbewegungen. Je besser das Gehirn als Schaltzentrale des Körpers darüber Bescheid weiß, desto besser kann es den Körper auch einsetzen, Bewegungen erzeugen usw.

Lesetipp: Hier beschreibe ich das Propriozeptive System ausführlicher.

Propriozeptives Training fürs Pferd

Beim Propriozeptiven Training fürs Pferd geht es schwerpunktmäßig darum, die Propriozeptoren des Pferdes anzusprechen und so unter anderem die Eigenwahrnehmung, die Koordination und damit die Bewegungsqualität und die Balance deines Pferdes zu verbessern.

Natürlich kannst du die Propriozeptoren nicht nicht ansprechen. Jede Haltung, jede Bewegung deines Pferdes löst schließlich einen Reiz aus, der von den Propriozeptoren wahrgenommen wird. Und du kannst auch nicht nur die Propriozeptoren ansprechen, denn alle Sinnessysteme nehmen immer zeitgleich alles wahr (wo wir beim Sensomotoriktraining wären).

Allerdings ist es durchaus möglich, im Trainingskontext Schwerpunkte zu setzen und gezielt an der Eigenwahrnehmung und der Koordination zu arbeiten.

Propriozeptives Pferdetraining Sinn und Nutzen

Nutzen von propriozeptivem Pferdetraining

Mithilfe der Propriozeptoren ist es deinem Pferd möglich, seine Muskeln optimal einzusetzen, weil der Körper über den Ist-Zustand der einzelnen Muskeln und dadurch über Körperlage und Körperbewegung im Raum Bescheid weiß.

Gelenkstabilität erhöhen

Stand dein Pferd verletzungsbedingt eine längere Zeit, sollte das propriozeptive Training sogar noch vor dem eigentlichen Muskelaufbautraining stehen. Nur dann ist ein exaktes Zusammenspiel der Muskeln möglich, ausreichend Gelenkstabilität gegeben und die Gefahr einer erneuten Verletzung verringert.

Der Aspekt der Gelenkstabilität ist meiner Meinung nach im Kontext von Propriozeptionstraining am wichtigsten – dazu gehört auch der nachfolgende Punkt Hypermobilität. Alles andere wird zwar auch verbessert, hier sehe ich den Fokus aber mehr beim umfangreicheren Sensomotoriktraining.

Die Reize, die von den Propriozeptoren wahrgenommen und weitergeleitet werden, gehen ans Rückenmark und werden dort bereits verarbeitet. Auf diese Weise kommt es zu einem Informationsaustausch auf Rückenmarksebene, was die Koordination einfacher Bewegungen ermöglicht. So eine Bewegung kann zum Beispiel die reflektorische Stabilisierung eines Gelenks sein, ehe die Instabilität des Gelenks bewusst wahrgenommen wird, und einfache lokomotorische Aktivierungsmuster, die eine Bewegung initiieren. Über einen anderen Ast werden die Afferenzen vom Rückenmark ans Gehirn weitergeleitet und dort verarbeitet.

Kleiner Tipp: Ich arbeite aktuell an einem Onlinekurs zum Thema Sensomotorisches/Neurozentriertes Pferdetraining. Er wird vermutlich Ende 2022 erscheinen. Wenn du dich dafür interessierst, trag dich einfach für meinen Newsletter ein. Darüber wirst du informiert, wenn er online geht.

Unterstützung bei Hypermobilität

Bei hypermobilen Pferden ist die Propriozeption nicht optimal, da aufgrund der Überbeweglichkeit falsche Informationen ans Gehirn geliefert werden bzw. wichtige Informationen erst zu spät ankommen. Daher kann Propriozeptives Training hypermobilen Pferden helfen. Wie und warum genau, kannst du hier nachlesen.

Sinnvoll bei reizarmer Boxenhaltung

Lebt dein Pferd relativ reizarm, das heißt es wird in einer Box gehalten und wird immer nur in einer plangezogenen Halle geritten, ist es sehr gut möglich, dass es auf einem unebenen Waldweg zu stolpern beginnt, weil sein Körper schlichtweg „überfordert“ ist, auf diese Reize adäquat zu reagieren. Das ist jetzt natürlich ganz vereinfach gesagt und soll dir nur eine Idee davon geben, warum es sich lohnt, die Propriozeptoren zu trainieren.

Verbesserte Bewegungskompetenz

Doch auch unabhängig davon kann dein Pferd von Übungen, die schwerpunktmäßig sein propriozeptives System ansprechen, profitieren. Diese Form des Trainings kann unter anderem

  • die Bewegungsqualität verbessern (Bewegungsqualität im Sinne von: stabile Bewegungen und Takt)
  • zu mehr Balance und Trittsicherheit führen
  • den Rumpf stabilisieren (Bauch- und Rückenmuskeln stärken)
  • die Körperwahrnehmung deines Pferdes verbessern
  • Spaß machen und zu mehr Motivation und Bewegungsfreude führen.

Beim letzten Punkt Motivation und Bewegungsfreude muss ich jedoch ergänzen, dass dies abhängig ist, wie du das propriozeptive Pferdetraining einsetzt und wie du dein Pferd trainierst – ob mit Zwang und Druck oder mit positiver Verstärkung, Spaß und Motivation. Hier empfehle ich dir das positiv verstärkte Freispiel.

Auf diese spielerische Art und Weise unterstütze ich mein Pferd vom Boden aus dabei seinen Körper so zu trainieren, dass er mich als Reiter gesund tragen kann. Wir trainieren Dinge wie die Versammlungsfähigkeit, die Verlagerung des Körperschwerpunktes usw. Dadurch bekommen die Propriozeptoren jede Menge Input – und je mehr Input sie erhalten, desto besser kann das Pferd seine eigene Körperstellung und Bewegung wahrnehmen.

Das folgende Video zeigt dir meinen Sleipi, wie er im Freispiel auf einem instabilen Untergrund steigt. Ich möchte aber deutlich betonen, dass dies nicht das klassische Propriozeptionstraining für Pferde ist. Ich möchte dir nur zeigen, wie auch dein fittes Pferd profitieren und wohin propriozeptives Training führen kann.

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Für welche Pferde ist das propriozeptive Training geeignet?

Diese Frage habe ich im Grunde schon beantwortet: für alle Pferde!

  • Junge Pferde können spielerisch ihr Körpergefühl verbessern und ihre Muskeln stärken. Gleiches gilt für alte Pferde, die nicht mehr oder nur selten geritten werden.
  • Bei verletzten Pferden bzw. Pferden in der Rekonvaleszenz hilft diese Form des Trainings dabei, das Zusammenspiel der Muskeln zu verbessern um die erforderliche Gelenkstabilität zu gewährleisten und ein erneutes Verletzungsrisiko zu gering wie möglich zu halten.
  • Gesunde Pferde können ihre Bewegungen verbessern und mit diesem kreativen Training noch einmal anders herausgefordert und beschäftigt werden.

Ist spezielles Equipment erforderlich?

Um den Propriozeptoren deines Pferdes möglichst unterschiedliche Bewegungsreize anbieten zu können, brauchst du nicht unbedingt einen Haufen an Equipment. Nutz das Gelände vor der Haustür und geh mit deinem Pferd im Wald spazieren. Lass es über Wurzeln steigen, wechsle von Sand- auf Schotter- und Graswege und klettere kleine Hügel hoch. Dafür brauchst du kein Equipment.

Auch Dehnungsübungen und Massagen, die ebenfalls die Propriozeptoren ansprechen, kommen komplett ohne Equipment aus.

Ansonsten reichen ein paar (bruch- und splitterfeste) Stangen (die du dir im Zweifelsfall sogar ganz leicht selbst bauen kannst) mit denen du einen Koordinationsparcours aufbaust und vielleicht noch ein instabiler Untergrund wie Balance Pads oder eine Turnmatte. Mit letzterem bietest Bewegungsreize, die dein Pferd standardmäßig wenig erfährt und förderst nicht nur das propriozeptive System und stärkst die Tiefenmuskulatur, sondern du stärkst auch den Gleichgewichtssinn deines Pferds. Über das Training speziell mit Balance Pads findest du hier weitere Informationen.

Darüber hinaus kannst du auch Wippen und Podeste nutzen.

Onlinekurs Sensomotorisches Pferdetraining

Sensomotorisches Training bedeutet, dass du auch die Sinnessysteme und das Gehirn in dein Training einbeziehst, um das Zusammenspiel von Gehirn, Nervensystem und Muskeln zu verbessern. Dies sorgt am Ende für eine bessere Koordination zwischen unterschiedlichen Muskeln bzw. innerhalb eines einzelnen Muskels, für ein besseres Körpergefühl des Pferdes, für mehr Stabilität und für verbesserte Bewegungsabläufe.

Du hast Lust bekommen, das propriozeptive Pferdetraining selbst auszuprobieren?

Wenn du nun auch Lust bekommen hast auf propriozeptives Pferdetraining, dann komm ich gern für einen Tageskurs zu dir an den Stall und zeige dir, wie dein Pferd kreativ und abwechslungsreich vom Boden aus trainieren und seine Körperwahrnehmung verbessern kannst. Schick mir gern eine E-Mail an info@360gradpferd.de.

Onlinekurs

Pferdetraining mit instabilen Untergründen

Welche Wirkung haben instabile Untergründe wie Balance Pads, Turnmatten, Fallschutzmatten und Co? Wie und warum lassen sich damit Balanceprobleme, Taktschwierigkeiten und eine fehlende Hinterhandaktivität verbessern? Um diese Fragen geht es in diesem Onlinekurs!

Cover Pferdetraining mit instabilen Untergründen

Alternativ findest du auch Trainingsideen in meinem Onlinekurs Pferdetraining mit instabilen Untergründen und in meinem 👉 Onlinekurs „Mehr Balance mit kreativer Bodenarbeit“, in dem ich dir jede Menge Wissen zum Thema Propriozeption und ganz viele Trainingsideen an die Hand gebe.

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