Hilfe! Mein Pferd hat periodische Augenentzündung

Mein Pferd hat periodische Augenentzündung

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Periodische Augenentzündung, kurz PA, ist, wie ich jetzt weiß, eine der häufigsten Augenerkrankungen bei Pferden. Bis vor wenigen Jahren war mir diese Krankheit gänzlich unbekannt aber nun höre und lese ich immer öfter davon.

Deswegen wollte ich wissen: Was steckt hinter PA, welche Pferde betrifft es und was kann ich tun, um eine Erkrankung zu verhindern? Mit diesen Fragen habe ich mich an Dr. Veronika Klein gewand. Veronika kommt nicht nur aus meiner Studienstadt Paderborn, sie steckt auch hinter dem wahnsinnig tollen Podcast Kernkompetenz Pferd (in dem du übrigens auch eine Folge zu eben diesem Thema hören kannst) und ist gefühlt so etwas wie ein wandelndes Lexikon wenn es um Pferdegesundheitsfragen geht.

Was ist Periodische Augenentzündung?

Liebe Veronika, erklär doch bitte mal: Was ist eine Periodische Augenentzündung und wie entsteht sie?

Der medizinische Begriff lautet Equine rezidivierende Uveitis, kurz ERU und stellt eine wiederkehrende Entzündung der Gefäßhaut im Auge dar.

Die Gefäßhaut besteht aus der Iris, dem Ziliarkörper und der Aderhaut und bildet die mittlere Gewebeschicht im Auge.

Die Entzündung tritt entweder wiederkehrend in Schüben auf oder schleichend schlechter werdend. Unbemerkt und unbehandelt zerstört sie Strukturen im Auge und führt zur Erblindung.

Untersuchungen geben eine Häufigkeit der Krankheit von 8% bis 12% in der Pferdepopulation an und es stellt weltweit die häufigste Ursache für Erblindung von Pferden dar.

Früher wurde die Erkrankung auch Mondblindheit genannt und gehörte zu den Hauptmängeln in der Kaiserlichen Verordnung von 1899.

Die Ursachen der Entzündung sind immer noch nicht vollständig geklärt, die heute wissenschaftlich akzeptierte Hypothese nimmt eine immunassoziierte Erkrankung mit verschiedensten Ursachen an, die je nach geographischer Lage unterschiedlich sind.

Diskutiert werden Leptospiren, Streptokokken, Virusinfektionen, allergische Reaktionen, Autointoxikationen, Autoimmunkomplex-Erkrankungen und auch erbliche Dispositionen.

In der USA handelt es sich meist um eine Autoimmunreaktion, dagegen ist in Europa bei den meisten Fälle eine Leptospiren-Infektionen mitbeteiligt.

Die Leptospiren-Infektion kann ohne Symptome (inapparent) verlaufen und erst Monate bis Jahre später eine Entzündung im Auge auslösen.

Leptospiren sind Bakterien und kommen weltweit vor, deren Hauptwirte Nagetiere sind, wie Ratten oder Mäuse. Die Bakterien werden bei kranken Tieren mit dem Urin ausgeschieden und so stellen verunreinigte Futtermittel und Wasser die Hauptquelle für Infektionen dar sowie feuchte Böden oder Gewässer. Die Bakterien sind temperaturabhängig und kommen daher vermehrt im Sommer und Herbst vor. Aufgenommen werden sie durch Schleimhäute und verletzte Haut.

Zusammenfassend sind die genauen Vorgänge bei der Entstehung neuer Entzündungsschüben bisher leider immer noch unbekannt.

PA kann jedes Pferd betreffen

Ist nur ein oder sind immer beide Augen betroffen?

Die Entzündung kann einseitig, aber auch beidseitig auftreten. Wenn bereits ein Auge entzündet ist, liegt das Risiko, dass das andere Auge auch erkrankt bei 30% bis 35%.

Kann PA jedes Pferd betreffen oder gibt es Pferde, die anfälliger sind als andere?

Prinzipiell können alle Pferde erkranken. Da in Deutschland meist eine Leptospiren-Infektion vorausgegangen ist, sind Ställe mit Hygienemängeln und feuchten Wiesen ein Risikofaktor.

Einige Faktoren können nach einer vorangegangenen Infektion die Erkrankung triggern, wie Stresssituationen (Transport, Turnier, Stallwechsel), genetische Prädispositionen und auch Impfungen. Das heißt, die Pferde an sich sind nicht unbedingt anfälliger, sondern die Umstände in denen sie leben.

Ist PA ansteckend?

Da es sich um eine immunassoziierte Erkrankung handelt, ist sie generell nicht ansteckend.

Es handelt sich um ein Zusammenspiel von vielen Faktoren, die zu einer Veränderung der immunologischen Situation im Auge führen.

Die Leptospirose allerdings ist ansteckend, der Erreger befindet sich im Blut und besonders im Urin.

Übertragungen sind möglich über Hautverletzungen und Schleimhäute zum Beispiel bei Bisswunden, Deckinfektionen oder Kontakt zu verunreinigtem Futter oder Wasser.

Allerdings kommen fast alle Pferde mit Leptospiren in Kontakt während ihres Lebens, eine ERU/PA entsteht daraus aber bei Weiten nicht bei jedem Pferd! Wie gesagt, die Inzidenz der ERU/PA liegt nur bei 8% bis 12% in der Pferdepopulation.

Periodische Augenentzündung rechtzeitig erkennen

Woran erkenne ich als Laie, dass mein Pferd ein Problem mit seinen Augen hat? Welche Symptome gibt es?  Hat es Schmerzen und wenn ja, wie äußert es diese? Zeigt es dies vielleicht an seinem Verhalten?

Die ERU kann sehr unterschiedlich verlaufen. Manchmal zwinkern die Pferde nur etwas mehr und der Entzündungsschub bleibt unbemerkt, andere zeigen starke Symptome und sind sehr schmerzhaft.

Augenerkrankungen sind grundsätzlich sehr schmerzhaft – die Pferde zeigen häufig ein Schmerzgesicht. Dabei sind die Ohren nach hinten gerichtet und die Nüstern werden krausgezogen sowie das Maul fest zusammengekniffen (was das Gesicht des Pferdes verrät, ist hier sehr schön erklärt).

Typische Symptome am Auge sind:

  • Lidschwellung
  • Tränenfluss
  • gerötete Bindehaut
  • graue-rauchige Hornhauttrübung
  • verengte Pupille (Schmerzanzeichen)
  • häufiges zwinkern bis Auge zukneifen (Schmerzanzeichen)
  • Fibrinfäden in der vorderen Augenkammer
    (weiße Fäden schwimmen im vorderen Teil des Auges)
  • schmerzbedingter Enophthalmus: das Auge wird tiefer in die Augenhöhle reingezogen, sodass das Auge kleiner erscheint
  • die Wimpern stehen senkrecht (Schmerzanzeichen,) im gesunden Zustand stehen die Wimpern waagerecht bis leicht schräg nach unten vom Kopf

Vergleich: gesundes Auge und krankes Auge

Gesundes Pferdeauge
Gesundes Pferdeauge: Wimpernstellung waagerecht bis schräg nach unten
© Dr. Veronika Klein
Krankes Pferdeauge: Wimpernstellung senkrecht zum Kopf
© Dr. Veronika Klein

Bei immer wiederkehrenden Schüben wird das Auge stark zerstört und der Augapfel schrumpft zusammen, die Hornhaut trübt sich und selbst wenn das Auge vollständig zerstört ist, haben die Pferde immer wieder Entzündungsanzeichen und Schmerzen, dann bleibt als letzte Möglichkeit nur noch die Entfernung des Auges.

Bleibt die Entzündung unbemerkt oder wird fälschlicherweise angenommen es handelt sich „nur“ um eine Bindehautentzündung, kann das Pferd unbemerkt erblinden. Dann zeigen sie Verhaltensänderungen und sind schreckhaft, haben Angst vor wechselnden Untergründen, verweigern beim Springen, sind in bestimmten Wendungen unwillig und halten den Kopf schräg.

Was mache ich als Pferdebesitzer wenn ich merke, dass etwas mit den Augen nicht stimmt, an wen wende ich mich am besten?

Wenn ein Pferd häufiger ein tränendes Auge über einen längeren Zeitraum zeigt, sollte das immer vom Tierarzt überprüft werden, ob noch weitere Veränderungen im Auge zu sehen sind.

Hier sollte eine klinische Untersuchung durchgeführt werden, der Augenhintergrund beurteilt werden und eventuell ein Ultraschall vom Auge durchgeführt werden. Augenveränderungen sind sehr ernst zu nehmen und andere Therapeuten können zwar bei gestellter Diagnose unterstützend eingreifen, aber für eine sichere Diagnose sollte in jedem Fall ein Tierarzt das Auge untersuchen, ohne Ausnahme.

Die PA ist die häufigste Erblindungsursache des Pferdes und eine Heilung ist bei geschädigtem Auge nicht mehr möglich, also sollte nicht gewartet werden bei Verdacht.

Dr. Veronika Klein, Kernkompetenz Pferd

Ist PA heilbar? 

Die Prognose der PA ist schlecht und eine Heilung ist leider nicht möglich. Die entstandene Zerstörung im Auge kann nicht mehr rückgängig gemacht werden. Mit einer Augen-OP ist der Prozess aber anzuhalten.

Therapiemöglichkeiten bei Periodischer Augenentzündung

Wie sieht eine Therapie aus? Wie lange dauert sie und mit welchen Kosten muss ich rechnen?

Es gibt eine medikamentöse Behandlung und eine chirurgische Möglichkeit.

PA medikamentös behandeln

Die medikamentöse Behandlung dient dazu die Entzündung zu bekämpfen und die Schmerzen zu lindern, allerdings ist diese Behandlung extrem zeitaufwändig und teuer und kann in den meisten Fällen weitere Schübe nicht verhindern, sondern nur den bestehenden abfangen.

So kommt es zwar verzögert, aber trotzdem zum Erblinden der Pferde.

Bei jedem neuen Schub muss die Therapie sofort wiederholt werden.

Teilweise ist es nötig, stündlich Augentropfen oder Salben einzubringen, auch nachts! Darüber hinaus lassen sich die Pferde das in der Regel nach einer gewissen Zeit nicht mehr gefallen und dann muss ein Augenkatheter eingesetzt werden, diese Maßnahmen sind nur in der Klinik möglich.

Zu den angewendeten Medikamenten zählt das Atropin, das stellt die Pupille weit. Durch den Schmerz zieht sich die Pupille zusammen und leider kommt es dann häufig zu Verklebungen mit den Fibrinfäden (Entzündungsprodukte), sodass die Pupille danach nicht mehr geöffnet werden kann. Das schränkt die Sehfähigkeit immens ein.

Zur Behandlung der Entzündung werden kortisonhaltige Augensalben eingesetzt (nur bei intakter Hornhaut!) und nichtsteroidale Entzündungshemmer, die schmerzlindernd und entzündungshemmend wirken.

Daneben kommen häufig noch weitere Therapieoptionen zum Einsatz: Akupunktur, Homöopathie, Tragen einer Fliegenmaske als Sonnen- und Windschutz und Eigenblutprodukte wie Serum-Augentropfen.

Ist die Entzündung abgeklungen kann eine OP durchgeführt werden, wie gesagt die Medikamente verzögern nur das Erblinden, verhindern es aber in der Regel nicht!

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Chirurgischer Eingriff bei Periodischer Augenentzündung

Auf der anderen Seite gibt es 2 chirurgische Möglichkeiten:

Vitrektomie

Diese OP wird bei einer PA durchgeführt, die durch Leptospiren ausgelöst wird.

Bei der Virektomie wird der Inhalt des Glaskörpers ausgetauscht. Der Inhalt wird abgesaugt und mit ihm die Entzündungsprodukte und Bakterien, dadurch kann die Sehfähigkeit zum Teil sogar wieder verbessert werden.

Einfach ausgedrückt wird der Inhalte des Auges ausgetauscht.

Durch diese Spülung werden die Entzündung und die fortschreitende Zerstörung gestoppt und das Risiko, dass danach eine erneute Augenentzündung auftritt wird mit unter 5% angegeben.

Ciclosporin-A Implantat

Mit dieser OP wird die auftretende Autoimmunreaktion unterdrückt. Dieses Verfahren ist also sinnvoll bei Pferden, bei denen der Leptospiren-Titer negativ ist.

Hier handelt es sich dann um eine ausschließlich autoimmun bedingte Erkrankung, wie sie in der USA meist auftritt.

Das Implantat wird ins Auge gesetzt und gibt dort kontinuierlich Medikamente ab, somit ist die Anwendung von Augensalbe nicht mehr nötig und weitere Entzündungen werden unterdrück. Hier wird eine sichere Abgabe des Wirkstoffs über 1 Jahr angegeben, bei vielen Pferden bleibt das Auge reizfrei, bei anderen muss das Implantat ausgewechselt werden nach einigen Jahren. Das Implantat ist allerdings für Pferde nicht zugelassen und fällt unter das Doping-Gesetz

Bei Augen mit weitfortgeschrittener Zerstörung kann es nötig sein das Auge zu entfernen, um dem Pferd Linderung zu verschaffen.

PA: die häufigste Ursache für Erblindung von Pferden

Wie kommt es, dass man plötzlich immer wieder davon hört? Ist die Erkrankung neu oder weiß man erst seit einiger Zeit davon?

Die Erkrankung gehörte schon zu den Hauptmängeln in der Kaiserlichen Verordnung von 1899, früher wurde die Erkrankung allerdings Mondblindheit genannt.

Der Begriff der PA (periodische Augenentzündung) sowie ERU (equine rezidivierende Uveitis) vermitteln vielleicht den Eindruck, es würde sich jedes Mal um eine andere Erkrankung handeln, es sind aber nur viele Begriffe für die gleiche Krankheit.

Und ich denke, dass Social Media den Rest dazu beiträgt, dass viele Themen heute präsenter sind bei den Pferdebesitzern.

Die Erkrankung an sich ist aber schon sehr lange bekannt und es stellt wie gesagt weltweit die häufigste Augenerkrankung und die häufigste Ursache für Erblindung von Pferden dar.

Periodischer Augenentzündung vorbeugen

Kann ich vorbeugend etwas tun, um die Erkrankung bei meinem Pferd zu verhindern?

Die Infektion mit Leptospiren kann mit verschiedenen Maßnahmen versucht werden zu verhindern: Mäuse und Ratten müssen systematisch bekämpft werden in den Ställen, die Futterkammer sauber und aufgeräumt halten, keine offenen Futtersäcke rumstehen lassen und feuchte Stellen trockenlegen. Wasser zum Tränken sollte sauber und fließend sein oder wenn es aus Eimern angeboten wird auf der Wiese regelmäßig erneuert werden.

Eine Impfung gegen Leptospiren existiert noch nicht, jedoch kann im Einzelfall aus den bestandsspezifischen Leptospiren eine Vakzine (Impfung) nach der Anzüchtung hergestellt werden. Diese wirkt dann aber nur für diese Leptospiren-Serogruppe und die Serogruppen sind von Stall zu Stall unterschiedlich.

Hat das Pferd eine ERU/PA, sollten Stress und weitere Situationen vermieden werden, die das Immunsystem schwächen.

Danke liebe Veronika, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast!

Wenn du noch mehr zum Thema Periodische Augenentzündung bei Pferden erfahren möchtest, hör dir die Podcastfolge von Veronika an. Außerdem empfehle ich dir den Onlinekurs, die eBooks und die Webinare von Kernkompetenz Pferd. Du findest Veronikas Angebot hier*.

Hast auch du schon Erfahrungen mit PA/ERU bei Pferden gemacht? Ist womöglich dein Pferd betroffen gewesen? Wie hast du die Krankheit erkannt und was habt ihr unternommen, um deinem Pferd zu helfen? Hinterlasse mir gern einen Kommentar, ich glaube, dass möglichst viele Erfahrungsberichte auch anderen betroffenen Pferdebesitzern helfen werden.

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