Rezension Ergotherapie für Pferde

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Rezension: Ergotherapie für Pferde

„Die Körperwahrnehmung bei Pferden ist ein bisher völlig vernachlässigtes Gebiet. Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie Pferde ihren eigenen Körper wahrnehmen? […] Körperwahrnehmung bedeutet weitaus mehr, als die Hinterbeine in das Bewusstsein des Pferdes zu rücken. Und genau hierbei kann die Ergotherapie für Pferde helfen, die Körperwahrnehmung des Pferdes weitgreifend zu schulen und zu fördern“, schreiben die „Erfinderinnen“ der Pferdeergotherapie und Gründerinnen der PFERGO-Akademie für Pferdeergotherapie, Ruth Katzenberger-Schmelcher und Yvonne Katzenberger im Vorwort ihres Buches Ergotherapie für Pferde – Basissinne schulen – Koordination und Wahrnehmung verbessern, mit dem sie ein umfassendes Fachbuch herausgebracht haben, das diese neue Therapieform für Pferde nicht nur theoretisch, sondern auch anhand konkreter Therapie- und Praxisbeispiele ausführlich und nachvollziehbar darstellt und erläutert.

Wenn wir Menschen in unserer Handlungsfähigkeit eingeschränkt oder von Einschränkungen bedroht sind, ist der Gang zum Ergotherapeuten die logische Konsequenz. Bei Pferden gab es diese Möglichkeit bislang nicht. Sind Pferde in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt – und Handlungsfähigkeit bedeutet in den allermeisten Fällen, dass sie den Anforderungen, die wir Besitzer an sie stellen, nicht entsprechen können – heißt es wahlweise das Pferd sei frech oder es werde falsch trainiert. Dass ein Pferd aber häufig mit den Anforderungen des Besitzers überfordert ist und das gewünschte Verhalten aufgrund einer nicht adäquaten Körperwahrnehmung gar nicht zeigen kann, wurde bislang in den meisten Fällen ignoriert.

Für viele Pferde-Menschen-Paare entstehen so Angst- und Stresssituationen – und zwar auf beiden Seiten: Der Besitzer verlangt vom Pferd etwas, was dieses nicht leisten kann. Das Pferd zeigt irgendwann deutliches Abwehrverhalten und der Besitzer bekommt Angst. Auf diese Weise entsteht eine unschöne Spirale aus Angst und Stress für Pferd und Mensch.

Umso schöner für die Pferdewelt, dass es nun die Pferdeergotherapie gibt. Hierbei wurden die Grundsätze der Ergotherapie aus dem Humanbereich in modifizierter Form auf die Pferde übertragen – modifiziert, weil Pferde natürlich anders als wir Menschen nicht mit uns über ihre Probleme und Gefühle sprechen können und kognitive Therapiestrategien deswegen nicht eingesetzt werden können bzw. nur im Zusammenhang mit dem Pferdebesitzer.

Grundlage bildet das Prinzip der sensorischen Integration, also der Wahrnehmungsverarbeitung des Pferdes und Ziel einer pferdeergotherapeutischen Behandlung ist, mittels spezifischer Übungen und ggf. einer Anpassung des Lebensraums, die Basissinne des Pferdes zu fördern, neue nervale Verknüpfungen zu schaffen und den Erfahrungsschatz zu vergrößern (S. 23f.). Damit wird es dem Pferd ermöglicht, handlungsfähig(er) in seinem Pferdealltag zu sein.

Als zertifizierte Pferdeergotherapeutin, die ihre Ausbildung bei den Autorinnen an der PFERGO-Akademie für Pferdeergotherapie gemacht hat, lese ich das Buch natürlich mit einem etwas anderen Blickwinkel als beispielsweise ein Pferdebesitzer oder ein Pferdephysiotherapeut. Und bevor ich auf inhaltliche Dinge eingehe, möchte ich vorab einen persönlichen Aspekt einwerfen: Wir „Pfergos“ haben schon einiges an Gegenwind erfahren. So wurde argumentiert es sei Unsinn und wirkungslos was wir da machen und am Ende einfach nur Geldmacherei. Außerdem wird Pferdeergotherapie sehr oft in Verbindung gebracht mit bunten Matten und lustigem Equipment und für den externen Betrachter sieht eine pferdeergotherapeutische Einheit oft aus wie Tricktraining und ein vermeintlich lustiges Unterhaltungsprogramm für Mensch und Pferd. Häufig werden pferdeergotherapeutische Übungen sogar mit Trainingsmethoden wie dem Clickertraining assoziiert.

Das ist aber falsch! Wir machen kein lustiges Spaßtraining mit unseren Kunden, sondern wir helfen Pferden dabei, ihren individuellen Pferdealltag mit all seinen (von uns Menschen gestellten) Herausforderungen gut meistern zu können. Herausforderungen können sein: Anhänger fahren, Hufe geben Longieren, Einsprühen oder aber auch nach einer verletzungsbedingten Pause den eigenen Körper wieder besser wahrzunehmen und beispielsweise Bewegungsabläufe zu verbessern.

Pferdeergotherapie ist also, genau wie die Pferdephysiotherapie, in erster Linie eine THERAPIE und KEIN (!) Training. Mit unserem bunten Equipment wie den instabilen Untergründen, kreieren wir gezielte Übungen, die beispielsweise die Bewegungsabläufe und die Wahrnehmungsverarbeitung des Pferdes verbessern und Fähigkeiten wie Balance, Koordination und Durchlässigkeit fördern.

Dies wird im Buch Ergotherapie für Pferde deutlich: Die Autorinnen des Buches erläutern sehr detailliert, warum ein spezielles Therapietool genutzt wird und welche Wirkung es hat, wie das Tool genutzt wird, welche Kontraindikationen es geben könnte und wie das Therapietool variabel in die Therapiesituation eingebunden werden kann.

Ein schönes Beispiel hierfür ist die Zweibeinwippe, auf der das zu therapierende Pferd passiv gewippt wird. Pferdewippen werden sehr stark mit dem Clickertraining und Agility in Verbindung gebracht, dabei sind sie auch für die Wahrnehmungsverarbeitung im propriozeptiven und vor allem im vestibulären System hilfreich. Denn: Durch die passive Wippbewegung wird beispielsweise eine schnelle Linear- und Winkelbeschleunigung stimuliert und die Übung kann Pferden helfen, die zum Stolpern neigen oder auch Probleme haben ihren Takt zu halten oder sich Longieren zu lassen (vgl. S. 116f.).

Das Buch ist unterteilt in 4 große Abschnitte:

  • Die Grundlagen
  • Die Basissinne in der praktischen Ergotherapie
  • Gestaltung von Therapieinheiten und Stalladaption
  • Therapiepläne

Der Praxisteil ist noch einmal unterteilt in die drei Basissinne taktiles System, propriozeptives System und vestibuläres System und bietet für jeden Basissinn umfangreiches Hintergrundwissen und Übungsanleitungen.

Im Abschnitt Therapiepläne zeigen die Autorinnen anhand von vier Fallbeispielen, wie eine pferdeergotherapeutische Behandlung in der Praxis aussieht – angefangen bei Anamnese und Befundung über eine therapeutische Zielsetzung (inkl. anschließender Auswertung) bis hin zur eigentlichen Behandlung. Auf diese Weise bekommt das theoretisch vermittelte Wissen einen konkreten Praxisbezug und zeigt: Pfergo wirkt!

Was ich an Ergotherapie für Pferde mag

Der Thieme-Verlag ist ein Wissenschaftsverlag, das heißt, dass die Bücher, die dort erscheinen, in erster Linie von Fachleuten für Fachleute geschrieben sind. Das zeigt sich beispielsweise am Fachvokabular, das verwendet wird. So ist es auch mit dem Buch Ergotherapie für Pferde. Dennoch ist das Buch total verständlich geschrieben und hat dank zahlreicher Schritt-für Schritt-Anleitungen, konkreten Handlungsempfehlungen und Gestaltungsvorschlägen einer Therapieeinheit so viel Praxisbezug, dass nicht nur ein Pfergo damit gut arbeiten kann, sondern auch andere Fachkollegen und Pferdebesitzer, die Lust auf Fachwissen haben. Hier findest du einen Blick ins Buch und kannst dich selbst überzeugen.

Was mir sehr gut gefällt: Der Inhalt wird ergänzt um zahlreiche Bilder, auf denen das Equipment im Detail und in der praktischen Anwendung zu sehen ist. Vor allem die Praxisbilder finde ich besonders wertvoll, weil sie dem Leser ein besseres Verständnis für die komplexeren therapeutischen Übungsaufbauten wie dem Gassenparcous (S. 90) oder Hindernisse innerhalb einer Stangengasse (S. 91) vermitteln. Die wirklich zahlreichen hochwertigen und aussagekräftigen Bilder möchte ich an dieser Stelle noch einmal positiv erwähnen, weil das nicht selbstverständlich ist!

Fazit

Das Buch Ergotherapie für Pferde – Basissinne schulen – Koordination und Wahrnehmung verbessern von Ruth Katzenberger-Schmelcher und Yvonne Katzenberger ist nicht nur Standardwerk für uns Pfergos, sondern auch ein tolles Nachschlagewerk für Tierärzte, Pferdephysiotherapeuten und andere Fachkollegen. Doch natürlich kannst du das Buch auch ohne fachlichen Background lesen und du wirst dir daraus ganz bestimmt viele nützliche Übungen für das eigene Pferdetraining mitnehmen können. Dank der ausführlichen Beschreibungen und der schönen Bebilderung der einzelnen Übungen kannst du sie nämlich auch wunderbar ohne viel theoretisches Wissen nachmachen und auf diese Weise die Basissinne sowie die Koordinationsfähigkeit und die Wahrnehmung deines Pferdes schulen. Denn: Von Pfergo profitiert ausnahmslos jedes Pferd!

Ergotherapie für Pferde – Basissinne schulen – Koordination und Wahrnehmung verbessern erscheint am 20. November 2019 im Thieme-Verlag und kann hier bestellt werden:

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Solltest du Interesse an einer pferdeergotherapeutischen Behandlung oder einem Bodenarbeitstraining mit Schwerpunkt Körperwahrnehmung haben, dann meld dich gern bei mir! Kommst du von weiter weg, sind auch Workshops möglich! Hier findest du mein Angebot! Alternativ ist vielleicht der Pfergo-Onlinekurs der Pferdeflüsterei* was für dich.

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