Zeitgemäße selektive Entwurmung beim Pferd

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Zeitgemäße selektive Entwurmung beim Pferd: Kotprobe statt Wurmkur

Eine regelmäßige Entwurmung ist für viele PferdebesitzerInnen selbstverständlich. Zwei- bis viermal pro Jahr gibt es eine Wurmkur fürs Pferd. So habe ich das früher auch gemacht. Doch seit rund 10 Jahren setze ich auf die zeitgemäße selektive Entwurmung beim Pferd – auch ZE (+SE) genannt. Was dahinter steckt und warum ich der Meinung bin, dass du dein Pferd auf diese Weise effektiver vor Würmern schützen kannst, verrate ich dir jetzt.

Was ist zeitgemäße selektive Entwurmung beim Pferd?

Bevor ich mit dir tiefer in das Thema eintauchen möchte, sprechen wir kurz über den Begriff, der super sperrig ist. Dahinter verbirgt sich aber nichts anderes, als dass ein Pferd zeitgemäß – also nur bei Bedarf – und selektiv – also nur gegen eine vorhandene Wurmart – entwurmt wird.

Gibt es keine Würmer, muss auch nicht entwurmt werden.

Studien zeigen, dass bei rund 70-80 Prozent der erwachsenen Pferde keine Wurmkuren notwendig sind, weil keine oder nur sehr geringe Strongyliden-Ei-Ausscheidungen vorhanden sind (Quelle).

Woher weiß ich, ob mein Pferd eine Wurmkur braucht?

Um herauszufinden, ob dein Pferd eine Wurmkur benötigt und welche es benötigt, muss zunächst der Kot untersucht werden. Du sammelst hierfür Pferdeäppel, schickst sie an ein Labor deiner Wahl und lässt die Äppel untersuchen.

Die Kotprobe zeigt dir, wie hoch der Wurmdruck ist, also wie viele Wurmeier pro Gramm Kot ( auch EP-G-Zahl genannt)  enthalten sind und welche Wurmeier enthalten sind. Es gibt zum Beispiel Strongyliden, Spulwurm, Bandwurm, Oxyren, Lungenwurm, Leberegel und Magendasseln. Entsprechend des Ergebnisses bekommst du dann eine Wurmkur-Empfehlung.

Neben der Kotuntersuchung gibt es natürlich noch weitere Merkmale die dir zeigen, dass dein Pferd Würmer hat.

So kannst du Wurmbefall beim Pferd erkennen

  • Durchfall
  • Kolik
  • Glanzloses, struppiges Fell
  • unerklärlicher Gewichtsverlust
  • Appetitlosigkeit
  • Schweifschubbern

Warum ist die ZE (+SE) Entwurmung sinnvoll?

Früher ging man davon aus, dass man mit regelmäßigen Wurmkuren das Risiko von Verwurmung beim Pferd minimieren könnte. Heute haben wir hingegen mit resistenten Wurmstämmen zu tun, die auf die auf dem Markt verfügbaren Wurmmittel nicht mehr ansprechen. Und wir wissen, dass diese durch zu häufige und ungezielte Wurmkurgaben entstanden bzw. entstehen.

Diese Resistenzen stellen ein ernsthaftes Problem dar, weil sie dazu führen, dass gängige Mittel immer weniger wirken.

Wenn die Wurmkur nicht mehr wirkt…

Dies habe ich bei Merlin selbst erlebt: Als ich ihn übernommen habe, hatte er immer wieder auffällig hohe Werte. Als der Strongyliden-Wert bei einer eingeschickten Kotprobe so hoch war, dass eine Wurmkur empfohlen wurde, hat die anschließende Wirksamkeitsprobe ergeben, dass diese nicht gewirkt hat. In dem Fall habe ich zunächst mit dem Wirkstoff Pyrantel entwurmen sollen. Leider war das Ergebnis nicht wie erwünscht, sodass ich eine Wurmkur mit dem Wirkstoff Ivermectin hinterherschieben sollte.

Ivermectin hat zum Glück gewirkt und wir wissen nun, dass es eine Resistenz gegen Pyrantel gibt, weswegen ich diese nicht mehr geben werde.

Ohne die Kotproben wüsste ich nicht, dass es diese Resistenzen gibt und Merlin würde aufgrund von gut gemeinten, prophylaktisch gegebenen falschen Wurmkuren weiterhin alles kontaminieren. Das ist blöd.

Dieses Erlebnis zeigt, wie sinnvoll es für die Gesundheit deines Pferdes ist, nicht einfach wahllos Wurmkuren zu geben, weil es alle anderen auch so machen. Im Gegenteil!

Woher kommt eine Verwurmung beim Pferd?

Ich habe mir natürlich viele Gedanken gemacht, weil der EP-G-Wert bei Merlin so hoch war und mich gefragt, woran es liegen kann.

  • Das Futter bei mir aus Netzen und Raufen gefüttert und ist nicht mit Kot kontaminiert.
  • Ich sammle täglich Pferdeäppel ein.
  • Sleipis Wurmwerte sind seit jeher sehr gering.

Bei einem Telefonat mit der Tierarztpraxis wurde mir gesagt, dass das gar nicht so ungewöhnlich sei, dass es in einem „grünen“ Bestand einen hohen Ausscheider gibt. Das sage nichts darüber aus, wie gut die Stallhygiene bei mir sei.

Vielmehr sagt es etwas über das Immunsystem des Pferdes aus. Der Körper des Pferdes ist nicht in der Lage, gegen die Parasiten im Körper anzugehen.

Wurmeier nehmen alle Pferde auf, besonders während der Weidesaison. Doch während die meisten Pferde damit kein Problem haben, gibt es eben auch die 20 bis 30 Prozent, deren Körper nicht gegen den Parasitenbefall ankommt.

Tatsächlich wundert es mich beim Baustellenpferd Merlin nicht, dass er immer wieder zu hohe Werte hat. Er war sehr lange viel zu dick, was Stoffwechsel und Immunsystem natürlich stark belastet, und er hat Equines Asthma. Zudem ist er ein Pferd mit mir unbekannter Vorgeschichte, dass sehr introvertiert und schnell gestresst ist.

Vieles haben wir in den drei Jahren, in denen er nun schon bei mir ist, super in den Griff bekommen. Er ist nicht mehr zu fett, sein Sarkoid ist verschwunden und sein Husten ist auch sehr viel besser, obwohl ich im Grunde nichts mache und er weiterhin Heu bekommt! Wir haben in diesem Jahr aber die erste Weidesaison ohne zu hohen Wert geschafft und das stimmt mich froh. Und ich bin gespannt, wie die erste Kotprobe im nächsten Frühjahr aussehen wird…

Knapp zusammengefasst: So funktioniert die zeitgemäße selektive Entwurmung

  • Kotprobe einsammeln und analysieren lassen: Je nach Ergebnis entscheidet der Tierarzt, ob entwurmt werden sollte oder nicht.
  • Gezielte Behandlung: Nur Pferde mit einem hohen Wurmbefall erhalten eine für die nachgewiesenen Parasiten entsprechende Wurmkur.
  • Regelmäßige Kontrolle: Die Kotprobe muss regelmäßig wiederholt werden – anfangs und bei hohem Wurmdruck mehrmals im Jahr, bei geringem Wurmdruck und längerer Untersuchungsdauer weniger oft (bei Sleipi sind es nur noch 2x/Jahr). Ausnahmen werden empfohlen, wenn zum Beispiel ein neues Pferd in die Herde kommt.

Fragen, die mich zum Thema zeitgemäße selektive Entwurmung erreicht haben

In einem meiner Newsletter (für die du dich hier anmelden kannst) habe ich neulich etwas zu dem Thema geschrieben und daraufhin haben mich einige Fragen erreicht, auf die ich hier, soweit ich kann, gern eingehen möchte.

Wie oft sollte ich eine Kotprobe nehmen lassen?

In der Regel lässt du zwei bis vier Kotproben pro Jahr untersuchen – abhängig von der Haltung und dem jeweiligen Wurmdruck. Weil Würmer im Winter nicht aktiv sind, ist es sinnvoll, im Frühjahr zu starten. Die letzte Kotprobe erfolgt in der Regel im Herbst. Bei Sleipi habe ich in diesem Jahr im Mai und im Oktober Kotproben eingeschickt.

Kostet die zeitgemäße selektive Entwurmung mehr als eine normale Wurmkur?

Die Frage nach den Kosten… Ich kann sie verstehen. Aber ganz ehrlich: Spar nie an der Gesundheit deines Pferdes. Wenn du ihm die Chemiekeule ersparen kannst, dann verzichte drauf.

Natürlich kosten die Kotproben. Du musst das Porto zahlen und die Untersuchung. Aber eine Wurmkur gibt es auch nicht für lau. Anfangs, wenn du häufiger die Pferdeäppel untersuchen lässt, zahlst du natürlich etwas mehr. Musst du aber keine Wurmkuren geben und irgendwann nur noch zwei Kotproben im Jahr untersuchen lassen, ist es definitiv nicht teurer!

Zuletzt habe ich für ein Erweitertes Screening für ein Pferd 32€ gezahlt und für eine einfache Monitoring-Probe 24,00€.  

Wo schickst du deine Kotproben hin?

Die erste Kotprobe von Sleipi habe ich im Frühjahr 2015 eingeschickt und seitdem bin ich bei der Tierarztpraxis Thurmading von Dr. Menzel, der im Rahmen seiner Promotion Selektive Entwurmung der Pferde in einer Pferdepraxis, Selective anthelmintic treatment of horses in an equine practice zu dem Thema geforscht hat.

Ich bin sehr zufrieden dort und fühle mich gut betreut. Bei Fragen habe ich immer sehr zeitnah einen Anruf oder eine E-Mail erhalten und wurde umfangreich beraten. Hilfreich fand ich auch immer das Onlineportal, das mittlerweile neu aufgesetzt wurde. So siehst du auf einen Blick alle bisherigen Untersuchungen und Ergebnisse, du siehst die nächsten Untersuchungstermine und du bekommst eine Erinnerungsmail, wenn es wieder so weit ist.

Hier findest du sämtliche Infos und Preise.

Wie verschickst du die Kotproben?

Ich sammle die Kotproben mit einem Einweghandschuh ein, den ich zuknote. Anschließend versende ich sie mit der Post – in der Regel als Großbrief mit Prio, damit der Versand schneller geht. Ist es warm (wärmer als 10 Grad), sollte die Kotprobe mit einem Kühlakku gekühlt werden.

Da die Kotprobe nicht älter als ein Tag sein sollen, sammle ich in der Regel Sonntag ein und bring sie montags zur Post. Habe ich montags frei, sammle ich sie am selben Tag.

Über Nacht lasse ich den Handschuh mit der Kotprobe in einer alten Eispackung – entweder draußen, wenn es kühl genug ist, oder im Kühlschrank. Klingt eklig, da die Probe aber doppelt oder dreifach verpackt ist und keinerlei Berührung mit den Lebensmitteln hat, find ich es aushaltbar.

Du siehst, der Aufwand ist super gering – vor allem, wenn du nur noch zweimal im Jahr Kotproben einsenden musst. Aber auch vier- oder dreimal im Jahr sind wirklich machbar.

Ich möchte hierzu gern noch ergänzen, dass ich bei einem Telefonat mit der Praxis Thurmading auch über den Versand gesprochen habe. Dort wurde mir erzählt, dass der Kotprobenversand in unglaublich vielen Varianten selbst getestet wurde – gekühlt, ungekühlt, lang unterwegs usw. – und dass die Ergebnisse trotzdem korrekt waren. Seitdem bin ich beim Versand deutlich entspannter.

Eine Sammelprobe von 3 Tagen ist nur dann notwendig, wenn du zum Beispiel auf Bandwurm oder Leberegel testen möchtest. Das habe ich beides noch nie gemacht. Bandwurm wird auch nachgewiesen durch wiederholte Kotuntersuchungen – und da in den ganzen Jahren bei keinem meiner Pferde etwas auffällig war, find ich es überflüssig.

Kann ich auch nur mein eigenes Pferd in der Herde zeitgemäß selektiv entwurmen?

Ja, das habe ich auch einige Jahre gemacht. Ich habe in dem Fall den anderen Miteinstellern einfach die Untersuchungsergebnisse gezeigt. Ich empfehle dir, dass du hier einfach mit der Stallbesitzerin sprichst und ihr erklärst, was du vorhast, warum du das machen möchtest und dass es sicher ist. Sollte dein Pferd Würmer haben, können diese dann gezielt behandelt werden – davon profitieren am Ende auch die anderen Pferde.

Aus meiner mittlerweile langjährigen Erfahrung mit den Kotproben, möchte ich jetzt noch ein paar Tipps und Erfahrungen mit dir teilen.

  • Eine gute Stallhygiene ist das A und O: Pferdeäppel sollten daher täglich abgesammelt werden.
  • Stallhygiene umfasst auch die Weiden. Ist dir die Weidefläche zu groß, steck sie ab. Tipps dazu findest du in meinem eBook Pferdehaltung als Selbstversorger.
  • Hab am Kackesammeltag immer Einweghandschuh dabei – auch wenn du Bodenarbeit machst oder reitest. Im Zweifelsfall springst du einfach schnell ab und sammelst dir ein paar Äppel ein. Spätestens, wenn du an einem nasskalten Tag nach dem Reiten noch fast zwei Stunden auf einen Kackhaufen wartest, wirst du wissen, warum ich das sage. 😉
  • Die Kombi aus Bewegung und Fressen hilft in der Regel sehr gut. Direkt nach dem Ausritt ein bisschen Heu oder Runtertreiben von der Weide beschleunigt meiner Erfahrung nach das Äppeln.

Das interaktive 

eBook

Denkst du darüber nach, deinen Traum vom eigenen Stall in die Wirklichkeit umzusetzen? Großartig! Hierbei möchte ich dich gern mit ein paar hilfreichen Tipps und Ideen unterstützen und dich so ein Stück auf deinem Weg zum Selbstversorger begleiten.

2018 ist dieses eBook zum ersten Mal erscheinen. Ende 2021 habe ich es überarbeitet. Es ist wesentlich kompakter und interaktiver geworden  – auf 135 Seiten findest du jede Menge Erfahrungen, Tipps und Inspirationen sowie Arbeitsmaterial, das dir bei deiner Stallplanung helfen soll.

Cover Pferdehaltung als Selbstversorger

Und abschließend: Ja, es ist schon ein wenig eklig. Aber ich find Pferdeäppel bei weitem nicht so eklig wie Hunde- oder Katzenkot. Ich selbst muss insgeheim immer ein bisschen lachen, wenn ich die Kotproben bei der Post abgebe. Vorher natürlich möglichst platt gehauen, damit sie noch als Groß-/Maxibrief durchgehen. 😉

Wenn dich das Thema interessiert, findest du auf der Seite der Tierarztpraxis Thurmading sehr viele Informationen. Und solltest du dich entscheiden, die zeitgemäße selektive Entwurmung ebenfalls auszuprobieren, kann ich dir das Team um Dr. Menzel wie gesagt sehr empfehlen – und nein, ich werde hierfür nicht bezahlt, ich sage dies, weil es meine Erfahrung ist.

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