Im Herbst endet bei den meisten die Weidezeit und die Paddockzeit beginnt. Für viele Pferde bedeutet das, dass sie bis zum Frühjahr und dem Anweiden mit langen Fresspausen auskommen müssen. Und das ist für die Pferde ziemlich blöd! Warum die Fresspausen nicht gut für dein Pferd sind und was es sonst noch zu beachten gilt, das erfährst du in diesem Beitrag.
Hand aufs Herz: Denkst du darüber nach, wie lang die Futterpause deines Pferdes im Pensionsstall ist? Rechnest du dir aus, wie viel Zeit zwischen Fütterung, Fressen und der nächsten Fütterung vergeht? (Und ich meine hier nicht Zusatzfutter wie Hafer, Müsli oder Mineral. Mir geht es allein um das Raufutter.)
Wenn du dein Pferd in einem Pensionsstall stehen hast, dann wird dir die Fütterung deines Pferdes mit Sicherheit abgenommen. Der Stallbesitzer entscheidet, wie oft die Pferde gefüttert werden und wie viel Futter es gibt.
Zugegeben: Als ich mit meinem Pferd noch in einem Pensionsstall stand, hab ich mir um das Thema auch noch nicht so viele Gedanken gemacht. Ich habe einfach auf die Erfahrung der Stallbesitzer vertraut. Die Pferde hatten jederzeit Stroh zum Knabbern zur Verfügung und haben ansonsten morgens und abends jede Menge Raufutter erhalten. Ziemlich klassisch also.
Meine Zeit im Pensionsstall währte aber nicht lang und dauerte nur bis zum Ende von Studium und Ausbildung (genau: von 2009 bis 2013). Seitdem bin ich Selbstversorger und damit selbst für die Fütterung verantwortlich. In den Haltergemeinschaften lag diese Verantwortung auf mehreren Schultern: Wir mussten uns Gedanken darum machen, wie viel Raufutter unsere Pferde bekommen und wann und wie oft sie fressen sollen. Mittlerweile habe ich meinen eigenen Stall und entscheide dies ganz allein.
Warum spielen die Fresszeiten bzw. die Fresspausen beim Pferd eine so wichtige Rolle?
Vielleicht fragst du dich, warum ich der Meinung bin, dass nicht nur das WAS in Bezug auf die Pferdefütterung (Heu oder Heulage) eine wichtige Rolle spielt, sondern auch das WANN und WIE OFT.
Das möchte ich dir erklären.
Pferde sind, wie die meisten Pflanzenfresser, Dauerfresser
Der Pferdemagen ist relativ klein. Deswegen nehmen Pferde in der Natur über den gesamten Tag verteilt immer eher kleine Futtermengen auf. Auf rund 16 Stunden Futtersuche im Schritt kann ein Pferd in der Natur dabei kommen.
Auf diese Form der Nahrungsaufnahme ist auch der Magen deines domestizierten Hauspferdes ausgelegt. Er produziert deswegen dauerhaft Verdauungssekrete, die unter anderem Salzsäure enthalten.
Wenn dein Pferd regelmäßig kleine Raufutterportionen zu sich nimmt, ist alles gut.
Mögliche Folgen von zu langen Fresspausen: Magengeschwüre, Koliken, Stress
Während dein Pferd frisst und kaut, wird das Futter eingespeichelt. Ein Pferd, das den ganzen Tag Futter zur Verfügung hat, kann, wie Ingolf Bender schreibt, dabei bis zu 30 Liter Speichel produzieren.
Frisst bzw. kaut ein Pferd nun aber wesentlich weniger, weil es von uns Besitzern nur für maximal vier Stunden Futter erhält, produziert es auch wesentlich weniger Speichel.
Der Speichel aber hat die Aufgabe, die aggressive Magensäure weniger gefährlich zu machen. Wenn nun die Fresspausen deines Pferdes zu lang sind und der Magen Leerlauf hat – und zu lang ist im Grunde alles, was über vier Stunden hinaus geht – dann kann es passieren, dass die Magensäure die Magenschleimhaut angreift und der Magen übersäuert. Folgen davon können Magengeschwüre, Koliken und psychische Störungen sein. Um das Problem der Übersäuerung des Magens wirklich in den Griff zu bekommen, musst du dich mit dem WANN und WIE OFT der Fütterung von Raufutter beschäftigen.

Mindestens alle vier Stunden Futter und eine Kauzeit von sechs Stunden
Du siehst: Es ist sehr wichtig, dass dein Pferd nicht nur morgens und abends eine große Portion Heu bekommt, sondern auch in der Zeit dazwischen – idealerweise alle vier Stunden, mindestens aber alle fünf bis sechs Stunden.
Ingolf Bender, der sich sehr intensiv mit dem Thema der Fütterung auseinandergesetzt hat, weist darauf hin, dass das Sättigungsgefühl bei Pferden nicht allein mit Magenfülldruck oder der Erhöhung von Blutfettwerten zusammenhängt, sondern auch von der eigentlich Fress- und Kauzeit. So empfiehlt er, dass die minimale Fress-/Kauzeit eines Pferdes mindestens sechs Stunden pro Tag betragen sollte – unabhängig von der tatsächlich aufgenommenen Menge an Futter und den benötigen Nährstoffen.1
Wenn dein Pferd im Sommer mehrere Stunden auf der Weide steht, dann kann es selbst entscheiden, ob es etwas fressen oder ob es vielleicht lieber eine kurze Spieleinheit mit seinem Kumpel einlegen oder sich das Fell kraulen lassen möchte. Auf jeden Fall kannst du dir ziemlich sicher sein, dass dein Pferd auf die empfohlenen 6 Stunden Kau-/und Fressbewegung kommt. Das ist während der Paddockzeit nicht möglich. Es sei denn, du bietest deinen Pferden 24 Stunden Heu ad libitum an. Wenn du das Heu mit einem Heunetz überspannst, ist das sicherlich die beste und einfachste Lösung.
Was tun bei leichtfuttrigen Pferden?
Doch diese Variante ist leider nicht für alle Pferde geeignet. Es gibt nämlich auch sehr leichtfuttrige Pferde wie unsere Isis. Und es gibt Pferde, die vielleicht aufgrund vergangener Erfahrungen oder auch aus anderen Gründen nicht so leicht wieder aufhören zu fressen. Darüber kannst du mehr in diesem Gastbeitrag zum Thema Warum 24 Stunden Heu nicht immer funktioniert lesen.
Unsere Isländer zum Beispiel gehören eher zu den Asketen unter den Pferden. Sie kommen mit einer relativ geringen Nahrungszufuhr aus. Das haben sie auf der Insel über viele, viele Jahre geschafft und das ist bis heute in den Genen dieser Pferderasse verankert. So speichern die Islandpferde beispielsweise Fett für „schlechte Tage“, wie sie im Winter vorkommen können (bei Sleipi ist das jedes Jahr ab Mitte August/Anfang September wunderbar zu erkennen – er wird immer „mopsiger“).
Unsere zivilisierten Pferde erleiden in der Regel aber keinen Futtermangel mehr. Deswegen reagieren sie auf ein starkes Überangebot von Futter ganz leicht mit Krankheiten wie Hufrehe oder Fettsucht.2 Aus diesem Grund können wir bei uns im Stall das Raufutter nicht ad lib. füttern, sondern müssen mehrere Mahlzeiten pro Tag bieten.
Lesetipp mit Experteninfos: Hilfe, mein Pferd ist zu dick!
Würden wir die jeweilige Futtermenge für den ganzen Tag, die bei uns übrigens abgewogen wird, auf einmal füttern, dann kann es sehr leicht passieren, dass sie bereits nach kurzer Zeit aufgefressen ist.
Wie viel Heu braucht mein Pferd?
Die empfohlene Tagesration Erhaltungsbedarf beträgt übrigens rund 1,5 Kilo Heau pro 100 Kilo Pferdegewicht.3 Wenn du dein Pferd mit Heulage fütterst, dann erhöht sich die Menge um etwa 15-20% – je nach Feuchtigkeitsgehalt des Futters.
Die 1,5 Kilo Heu pro 100 Kilo Pferdegewicht sind der reine Erhaltungsbedarf. Wenn du dein Pferd trainierst, wenn es krank oder alt ist oder du eine tragende Stute hast, dann erhöht sich der Bedarf natürlich. Außerdem wird nicht unbedingt vom IST-Gewicht ausgegangen. Wenn dein Pferd zu dick ist, soll es das Gewicht ja nicht erhalten, sondern abnehmen. Also gehst du eher großzügig vom Idealgewicht aus (dazu gibt es übrigens einen tollen Onlinekurs von Conny Röhm hier bei wehorse*. Mit dem Code 360GRADPFERD sparst du 60€ beim Abschluss eines wirklich lohnenswerten Abos!)
Hier findest du weitere Infos und ein Experteninterview zur Heulagefütterung!
Genug Heu und wenig Fresspausen: Tipps und Ideen für leichtfuttrige Pferde
Mein Sleipi wiegt idealweise um die 390 Kilo. Rechnen wir der Einfachheit halber mit 400 Kilo. Das wären 6 Kilo Heu pro Tag. Wenn wir davon ausgehen, dass ein Islandpferd rund 1,5 Kilo loses Heu in einer Stunde frisst (Quelle), sind wir bei 6 Stunden Fresszeit und weit entfernt von den 16 Stunden in der freien Natur.
In den vergangenen Jahren habe ich mit meinen Stallgruppen verschiedene Lösungsansätze getestet.
Idee 1: mehrere Fresszeiten mit automatischen Weidetoren
An unserem alten Stall gab es drei Mahlzeiten am Tag und eine in der Nacht. Die Pferde bekamen dabei loses Heu. Wir nutzten hierfür ein automatisches Weidetor, über das ich hier bereits ausführlich berichtet habe. Hier findest du eine Bauanleitung.
Diese Fütterungslösung ist bei weitem nicht optimal, sie ist aber schon besser, als in vielen anderen Ställen, weil immerhin die Fresspausen nicht zu lang waren. Gut zu wissen ist hierbei zum Beispiel, dass das Raufutter noch eine Weile, im Magen vorhanden ist und verdaut wird. Während dieser Zeit erfüllt die Magensäure noch ihre Aufgabe und der Magen ist nicht auf „Leerlauf“ geschaltet.
Idee 2: automatische Heuraufe
Eine weitere Lösung war die Fütterung mit automatischer Heuraufe, die alle paar Stunden aufgeht und den Pferden Zugang zum Raufutter (mit Heunetz) bietet. Über diese Lösung und die Vor- und Nachteile hab ich hier bereits ausführlich berichtet. Automatische Heuraufe für die Pferdefütterung
Idee 3: Heu in engmaschigen Heunetzen kombiniert mit Stroh anbieten
Eine dritte Idee ist, dass du das Heu in engmaschigen Heunetzen fütterst und deinem Pferd außerdem Stroh anbietest (idealerweise vermischt mit dem Heu, sodass die Fressdauer noch weiter in die Länge gezogen wird. Wenn du morgens und abends die Heusäcke befüllst, kannst du mit viel Glück die Pausen entsprechend gering halten.
Das interaktive
eBook
Denkst du darüber nach, deinen Traum vom eigenen Stall in die Wirklichkeit umzusetzen? Großartig! Hierbei möchte ich dich gern mit ein paar hilfreichen Tipps und Ideen unterstützen und dich so ein Stück auf deinem Weg zum Selbstversorger begleiten.
2018 ist dieses eBook zum ersten Mal erscheinen. Ende 2021 habe ich es überarbeitet. Es ist wesentlich kompakter und interaktiver geworden – auf 135 Seiten findest du jede Menge Erfahrungen, Tipps und Inspirationen sowie Arbeitsmaterial, das dir bei deiner Stallplanung helfen soll.

Meine Lösung zur Pferdefütterung
Eine aktuell endgültige Lösung hab ich noch nicht für mich gefunden, da wir noch keinen Winter auf dem neuen Hof und dem eigenen Stall verbracht haben. Mein Wunsch ist, dass die Pferde langfristig ad libitum aus Heunetzen fressen können. Aktuell haben sie mehr oder weniger unbegrenzt Futter, weil die Wiese lange auf ist und das Heu vom Abend bis zum nächsten Morgen ausreicht. Auf dem Paddocktrail haben sie aktuell noch Knabbergras und dann geht es auch schon auf die Wiese.
Im Winter werde ich vermutlich eine dritte Futterzeit mittels automatischem Weidetor anbieten. Hier suche ich aber noch die beste Lösung. Ich werde auf jeden Fall ein Update schreiben, sobald ich eine gute Lösung habe!
Und nun bin ich gespannt: Wie oft fütterst du dein Pferd während der Winterzeit und wie viel Heu bekommt dein Pferd? Hast du vielleicht sogar ein paar Optimierungstipps?
Dir gefällt was du hier liest?

Dann trag dich auf meiner E-Mailliste ein. Als Dankeschön bekommst du Zugang zu meiner Online-Bibliothek.
Zum Weiterlesen:
Ein paar Tipps zur Paddockgestaltung und Fütterungsoptimierung im Selbstversorgerstall bietet dir auch mein eBook Pferdehaltung als Selbstversorger.
- Amler, Ulrike (Autor)
Hat dir dieser Beitrag gefallen?
Klicke auf die Sterne um zu bewerten!
Durchschnittliche Bewertung 5 / 5. Anzahl Bewertungen: 7
Bisher keine Bewertungen! Sei der Erste, der diesen Beitrag bewertet.
Es tut uns leid, dass der Beitrag für dich nicht hilfreich war!
Lass uns diesen Beitrag verbessern!
Wie kann ich diesen Beitrag verbessern?