Muss Pferd geritten werden

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Muss ein Pferd geritten werden? Erfahre hier, warum Pferde nicht geritten werden müssen

Die Frage, ob ein Pferd geritten werden muss, beschäftigt viele Pferdebesitzer. Immer wieder hört liest man, dass Reiten für die Gesundheit des Pferdes unerlässlich ist und Pferde halt geritten werden müssen. Kein Wunder, dass viele Pferdemenschen verunsichert sind. Du vielleicht auch? Warum ich die Aussage nicht teile, und der Meinung bin, dass ein Pferd nicht geritten werden muss, verrate ich dir jetzt.

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Bewegung als natürliches Bedürfnis deines Pferdes

Pferde sind von Natur aus Bewegungstiere. Darauf ist ihr Körper mit all seinen Funktionen ausgelegt. Reiten kann diesem Bedürfnis gerecht werden, weil es deinem Pferd die Bewegung bietet, die es braucht, um gesund zu bleiben.

So weit, so richtig.

Richtig ist aber auch, dass Pferde keine REITtiere sind. Sie sind LAUFtiere und werden von uns zum Reiten benutzt.

Ihr Körper ist darauf nicht ausgelegt und muss für diese Aufgabe entsprechend trainiert werden. Wird ein Pferd nicht adäquat (auf-)trainiert und hat ein falsches Bewegungsmuster gelernt, läuft auf der Vorhand, setzt die Hinterhand nicht ordentlich ein, schadet das Reiten dem Pferd so viel mehr, als dass es ihm nützt. Nicht ohne Grund haben so viele Pferde Probleme mit ihrem Bewegungsapparat… Darüber sprechen wir ausführlich in meinem Onlinekurs Rückenfitte Pferde.

Cover Onlinekurs Rückenfitte Pferde

Mit dem Onlinekurs „Rückenfitte Pferde“ bekommst du ein grundlegendes Verständnis für gesunderhaltendes Pferdetraining sowie Einblicke in Anatomie und Biomechanik und du erfährst, wie du dein Pferd rückenfit trainieren kannst und worauf es dabei wirklich ankommt.

Viele Argumente sagen, wenn ein Pferd nicht geritten wird, hat es zu wenig Bewegung und wird fett und krank. Und dies ist nicht richtig – oder nur bedingt richtig.

Natürlich wird ein Pferd fett, wenn es gut gefüttert wird und sich nicht bewegt. Aber ein Pferd wird auch fett, wenn es bewegt und falsch gefüttert wird. Deswegen ist das allein kein Argument, warum ein Pferd geritten werden müsste.

Lesetipp: Hilfe, Mein Pferd ist zu dick! Warum Übergewicht gefährlich ist und wie dein Pferd gesund abnimmt.

Dich interessiert das Thema Gewicht, Energieverbrauch, Training und Bewegung? Dann möchte ich dir das Buch „Trainingslehre für Freizeitreiter“ von Constanze Röhm empfehlen, du findest es hier. Dort findest du sehr viel gutes Wissen rund um das Thema.

Wenn du dein Pferd in einer Box stehen hast, vielleicht noch mit einem kleinen quadratischen Auslauf davor, wie oft üblich, hat dein Pferd viel zu wenig Bewegungsmöglichkeiten. In diesem Fall kann es allein in Hinblick auf die Bewegung sinnvoll sein, zu reiten, weil dein Pferd nur so ausreichend Bewegung erhält. Die Alternative wäre, das Pferd zu fahren. Spazierengehen allein reicht oft nicht aus.

Bewegungsmangel kann übrigens auch dann eintreten, wenn dein Pferd in einer Herde auf einem langweiligen Paddock ohne Bewegungsanreize steht, den Winter über womöglich noch tief im Matsch.

Bedenkt man, dass ein Pferd in der Natur rund zehn bis 15 Kilometer am Tag zurücklegt, ist klar, dass im Grunde keine Haltungsform für ausreichend Bewegung sorgen kann – es sei denn, dir steht wahnsinnig viel Platz zur Verfügung. Nicht mal ein Paddocktrail wird diese Distanz erreichen können.

Um Bewegung kommst du also nicht herum.

Das Pferd bewegen bedeutet nicht das Pferd reiten

Aber Bewegung heißt nicht automatisch reiten. Du kannst auch viele andere Dinge mit deinem Pferd machen. Und ja, dein Pferd wird dabei auch gesund bleiben. Ich selbst reite seit Jahren nur noch sehr selten und habe trotzdem ein gesundes Pferd.

Warum ich kaum reite, hat verschiedene Gründe. Im Grunde gibt es zwei Hauptgründe. Reiten macht mir und meinem Pferd weniger Spaß als die Bodenarbeit. Und je mehr ich im Laufe meiner Ausbildungen über den Pferdekörper erfahren habe, desto schwieriger war bzw. ist es für mich, mich mit gutem Gefühl auf den Pferderücken zu setzen.

Ich bin lange nur deswegen öfter geritten, weil mein Sleipi gern ins Gelände geht. Und damit das möglich ist, muss er adäquat trainiert sein. Mittlerweile aber gehe ich meistens mit ihm zu Fuß durch den Wald. Und das ist okay. Immerhin wird er dieses Jahr 19 und ist damit kein Jungspund mehr (auch wenn er sich vom Kopf her nach wie vor so benimmt). Seit jeher steht Sleipi in einer Herde im Offenstall. Als er jünger war, hat er immer wahnsinnig viel gespielt. Ich hab mir deswegen nie Sorgen um ausreichend Bewegung gemacht. Mittlerweile ist er viel ruhiger geworden – was auch an der viel kleineren Herdenkonstellation liegt. Dafür steht er seit einigen Jahren in Offenstallhaltung mit Paddocktrail.

Du siehst, ich reite kaum, biete aber durch die Haltung Bewegungsreize (mehr Bewegungsreize, als es ein kleiner Paddock oder eine Box bieten können).

Lesetipp: Kreative Paddockgestaltung: 6 Ideen für deinen Offenstall

Und natürlich trainiere ich trotzdem. Nur halt eben vom Boden und nicht auf dem Pferd sitzend.

Klar, zu Fuß wirst du genauso wenig wie ich auf zehn bis 15 Kilometer kommen. Aber das macht auch nichts.  Du kannst auch viele andere Dinge machen, um dein Pferd fit zu halten.

Hat dein Pferd also eine gute Grundkonstitution ist sein Energiebedarf höher als bei einem dicken oder untrainierten Pferd. Trainierte Muskeln verbrennen schließlich mehr Energie als Fettgewebe oder untrainierte Muskeln. Dies darf man zwar nicht zu hoch hängen, es ist aber so.

Wie viele Pferde kennst du, die nicht geritten werden?

Ein bisschen habe ich bei diesem Thema immer das Gefühl, man erzählt nur Blödsinn. Weil die Frage, ob man ein Pferd wirklich unbedingt reiten muss, bzw. die Aussage Pferde müssen geritten werden so dämlich sind, dass es die Antwort am Ende irgendwie auch ist. Ich mein, denk mal darüber nach, wie viele Pferde du kennst, die nicht geritten werden. Wäre es wichtig, ein Pferd zu reiten, hätten wir wohl keine Shettys oder Falabellas mehr. Und was ist mit den Pferden, die zum Holzrücken genutzt oder vor die Kutsche gespannt und eben nicht geritten werden?

Ich denke, wenn du diese Gedanken weiterspinnst und immer im Hinterkopf hast, dass Pferde eben LAUFtiere sind, die wir zum Reiten benutzen, dann wirst auch du in Zukunft die Aussage „Pferde müssen geritten werden“, als dummes Geschwätz abtun.

Ich weiß, dass es oft Mut erfordert zu sagen, man reitet nicht gern oder man möchte sein Pferd nicht reiten. Dann gilt man als Sonderling, als Angsthase, als seltsam. Insbesondere, wenn man an einem größeren Stall steht. Doch ich bitte dich: Steh darüber und mach, was sich für dich gut und richtig anfühlt. Und wenn es sich eben nicht gut anfühlt zu reiten, dann reite nicht. Punkt.

Und falls dir Ideen fehlen, was du stattdessen alles machen könntest, hab ich hier ein paar für dich.

5 Ideen, wie du dein Pferd ohne Reiten trainieren kannst

Longenarbeit zur Verbesserung von Fitness und Kondition

Longenarbeit ist meiner Meinung nach wichtig und nimmt bei mir auch einen hohen Stellenwert im Training ein. Die Arbeit an der Longe heißt nicht, dass ich mein Pferd eine halbe Stunde im Kreis zentrifugiere. Longieren bedeutet für mich, dass ich mein Pferd mit Kappzaum und Longe (langer Leine) auf dem gesamten Platz bewege. So habe ich unter anderem die Möglichkeit, mein Pferd längere Zeit am Stück traben zu lassen. Im guten Trainingszustand traben wir rund 20 Minuten am Stück – mit Handwechseln zwischendrin. Das verbessert Fitness und Kondition.

Lesetipp: Pferde richtig longieren: Mit diesen 5 Tipps klappt es bestimmt!

Spaziergänge für mehr Input

Regelmäßige Spaziergänge find ich wichtig. So kommt dein Pferd raus und sieht, riecht und hört andere Dinge und nimmt andere Reize wahr. Ihr verbessert eure Bindung, eure Beziehung und das Vertrauen zwischen euch.

Pferdewippentraining für die Balance, die Fitness und den Spaßfaktor

Sleipis und mein evergreen-Lieblingstrainingsgerät sind die Pferdewippen. Wir haben Zweibeinwippen und Ganzkörperwippen in verschiedenen Größen. Wippentraining ist nicht nur ein super effektives Sensomotoriktraining zur Verbesserung der statischen und dynamischen Stabilität deines Pferdes, sondern auch ein tolles Muskeltraining. Allein das Stehen auf der Wippe beansprucht wahnsinnig viele Muskeln.

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Klassische Arbeit an der Hand

Was auch immer schön ist, ist die klassische Arbeit an der Hand. Auf diese Weise kannst du Seitengänge und Versammlung üben und hast damit eine weitere muskelkräftigende Trainingsmöglichkeit für dein Pferd.

Lesetipp: Klassische Handarbeit mit Pferd: Tipps und Übungen für den Anfang

Freiarbeit/Freispiel

Was bei mir und meinem Pferden nie fehlen darf, ist das Freispiel: Ob gemeinsames Laufen und Springen, Spanischer Schritt/Pantherwalk, Crunches oder Steigen – es vergeht kaum ein Tag, an dem wir nicht irgendwas davon machen. Die Pferde lieben es und ich liebe es zu sehen, wie sehr die Pferde es lieben. Selbst wenn ich Stalldienst mache und mit einer vollen Schubkarre mit Pferdemist den Trail entlang schiebe, kommen immer mal wieder Spielaufforderungen der beiden.

Reiten ja – aber bitte im Sinne des Pferdes!

Ich bin nicht gegen das Reiten. Auf gar keinen Fall. Ich bin aber dafür, dass wir das Training mit dem Pferd im Sinne unseres Pferdes gestalten und dem Pferd Mitspracherecht einräumen. Dazu gehört, dass wir ihnen zuhören und akzeptieren, was sie uns sagen. Pferde können durchaus Freude am Reiten haben. Sleipi zum Beispiel nimmt freiwillig von allein das Gebiss ins Maul und stellt sich ohne Zwang so neben die Aufsteighilfe, dass ich bequem auf seinen Rücken komm. Da er deutlich sagt, wenn ihm etwas nicht passt, deute ich dies als Einverständniserklärung fürs Reiten.

Merlin, den ich im Sommer 2021 bei uns aufgenommen habe, hat deutlich gesagt, dass er nicht mehr geritten werden möchte. Das hat er nicht nur mir gesagt, sondern auch seiner Vorbesitzerin (von denen es mehrere gab). Vermutlich hat er zuvor nicht viel Mitspracherecht gehabt und es wurde wenig Rücksicht auf seine Meinung genommen. Ich akzeptiere dieses Nein – und seine vielen anderen Neins zu anderen Dingen. 🙂

Wichtig ist einfach, dass das Pferd fair trainiert und so geritten wird, dass es dadurch keinen Schaden erleidet. Aber: Ein Pferd muss nicht geritten werden. Diese Aussage ist in meinen Augen falsch.

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2 Kommentare zu „Muss ein Pferd geritten werden? Erfahre hier, warum Pferde nicht geritten werden müssen“

  1. Liebe Karolina,
    ich finde es toll, dass du dieses Thema ansprichst und auch stark genug bist, deine Auffassung entgegen der allgemeinen Meinung umzusetzen. Auch ich reite nicht, was jedoch niemand versteht. In meinem Umfeld reiten alle und sehen den Sinn des Pferdes ausschließlich in seiner Funktion als Reittier.
    Ich habe selbst 2 Pferde und diese viele Jahre in Pension stehen gehabt. Leider hatten wir viel Pech. Der eine ist gerade gesundheitlich durch Haltungsprobleme stark geschädigt worden und der andere im Beritt vor allem psychisch. Beide sind aus verschiedenen Gründen im Alter von 8 Jahren unreitbar. Für mich persönlich ist das nicht tragisch, da meine Vorliebe die Freiheitsdressur ist und ich sehr gern vom Boden aus arbeite. Ich habe oft gesehen, wie sehr „falsches“ Reiten, das Pferd beeinträchtigen kann, dennoch kann es eine Möglichkeit der gemeinsamen Arbeit sein, die Reiter und Pferd Spaß macht. Deswegen hatte ich mich bei meinem Noriker für den Beritt entschieden, was ich jetzt natürlich bereue.
    Mittlerweile stehen meine Pferde zusammen mit einem Senior bei mir in Eigenregie, wo sie langsam körperlich und seelisch heilen.
    Als mein Noriker aus dem Beritt zurückkam, lehnte er den Menschen komplett ab und verweigerte jede einfache Alltagssituation wie z.B. Halftern, Führen. Bewegen konnte ich ihn anfangs überhaupt nicht. Mittlerweile klappt spazieren gehen und auch das freie Spielen mit der ganzen Herde sehr gut, das macht ihm Freude und darin sieht er einen Sinn. Das Longieren lehnt er leider noch immer völlig ab, ernsthafte Freiarbeit meistens auch. Hast du vielleicht Ideen, was ich speziell mit ihm ausprobieren könnte bzw. was ihm vlt Spaß machen könnte?
    Herzliche Grüße
    Nadine

    1. Hallo Nadine,
      Danke für deinen Kommentar und dass du deine Erfahrungen teilst!
      Wäre ich an deiner Stelle, würde ich mit dem Noriker (aber am Ende vermutlich mit beiden Pferden) mit positiver Verstärkung arbeiten. Dadurch sind die Pferde sehr schnell motiviert, mit dem Menschen zu arbeiten.
      Wenn das Longieren nichts ist, würde ich es erstmal lassen. Auf meinem Blog findest du ganz viele andere Dinge, die du machen kannst, schau dich mal in den Kategorien Bodenarbeit und Sensomotoriktraining um. 🙂
      Liebe Grüße
      Karolina

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