Hast du dein Pferd schon einmal auf ein Podest steigen lassen? Nein? Dann solltest du das unbedingt nachholen. Pferde lieben Podeste. Und auch wir Reiter sollten Podeste lieben, sie sind nämlich ein super Tool zur Verbesserung von Balance und Koordination. Damit du das Podesttraining auch für dein Pferd nutzen kannst, findest du am Ende des Beitrags eine Bauanleitung für ein Podest.
Im Laufe der vergangenen Jahre habe ich die Erfahrung gemacht, dass (fast) alle Pferde Podeste lieben. Dabei müssen sie nicht mal vollständigs aufs Podest steigen. Allein wenn sie mit ihren Vorderbeinen erhöht stehen, sehen sie oft stolz und erhaben aus und scheinen ihre neue Größe und das Körpergefühl zu genießen.
Doch neben dem mentalen Aspekt (der im Übrigen in erster Linie menschliche Interpretation ist), bietet das Podesttraining viele tolle weitere positive Effekte, von denen dein Pferd profitiert.
Podestarbeit: Krafttraining pur
Die Arbeit am Podest kräftigt und dehnt die gesamte Muskulatur des Pferdes.
Der Aufstieg auf das Podest erfolgt in der Regel aus dem Stand und das erfordert ein gewisses Maß an Kraftanstrengung. Beim Aufsteigen stützt sich dein Pferd mit einem Vorderbein ab und stemmt sich hoch.
Wenn die Vorderbeinen erhöht stehen, müssen die Hinterbeine nahezu das gesamte Pferdegewicht tragen. Verstärken kannst du diesen Effekt, indem du dein Pferd zu einer Gewichtsverlagerung nach hinten animierst.
Also Vorsicht: Diese Übung wird schnell anstrengend für das Pferd.Ddeswegen sollte sie langsam und in kleinen Schritten begonnen und erst nach und nach gesteigert werden.
Meine Empfehlung: Probier es doch selbst mal aus: Such dir etwas podestähnliches, geh in den Vierfüßler, stütz dich mit einer Hand ab und stemm dich hoch.
Wenn dein Pferd mit allen vier Hufen auf dem Podest steht, muss es seine Hinterhufe weiter unter den Körperschwerpunkt setzen. Es übt sozusagen die Lektion „Bergziege“. Je besser ein Pferd diese Übung beherrscht, desto weiter vor kann es seine Hinterhufe setzen, im besten Fall berühren sie fast die Vorderhufe. Dabei werden vor allem die Bauchmuskeln trainiert, weil diese die Position halten müssen. Gleichzeitig muss sich die Oberlinie dehnen lassen.
Senkt dein Pferd dabei noch den Kopf, dann entsteht ein maximaler Spannungsbogen und der Rücken wird gedehnt.
Somit stärkt regelmäßiges Podesttraining die Bauchmuskulatur deines Pferdes und sorgt für einen stabilen Rumpf (von dem du am Ende beim Reiten profitierst, schließlich muss dein Pferd überhaupt in der Lage sein, Reitergewicht tragen zu können).
Balancefähigkeit wird geschult
Und ein weiterer Aspekt kommt hierbei zum Tragen: Je kleiner die Fläche unter den Hufen deines Pferdes, desto mehr muss es sich ausbalancieren. Das Podesttraining fördert damit die Balancefähigkeit und das Gleichgewicht deines Pferdes.
Tipp: Wenn dich das Thema interessiert, schau dir gern meinen Onlinekurs „Mehr Balance mit kreativer Bodenarbeit“ an.
Für Halt und Stabilität ist die Tiefenmuskulatur zuständig, die du auch beim Training mit Balance Pads und instabilen Untergründen ansprichst. Diese wird beim Podesttraining ebenfalls angesprochen – und da sie so wichtig ist für dein Reitpferd, ist es eine ziemlich tolle Sache, dass du sie mit so viel Spaß effektiv trainieren kannst.
Podesttraining fördert ein besseres Körpergefühl
Das Podesttraining fordert und fördert die Sensomotorik und Koordination deines Pferdes. Hier werden insbesondere das propriozeptive System (Wahrnehmung der Tiefensensibilität) und der Gleichgewichtssinn angesprochen. Dein Pferd muss beispielsweise in der Lage sein, kontrollierte Bewegungen auszuführen. Es muss seine Hufe gezielt platzieren und es muss abschätzen können, wie viel Kraft es aufwenden muss, um auf das Podest zu treten. Tritt es beispielsweise mit zu viel Schwung mit der Hinterhand auf das Podest, würde es womöglich das Gleichgewicht verlieren und vorne wieder runterpurzeln. Auch muss es einschätzen können, wie es sich bewegen muss, damit sein großer Körper auf der kleinen Fläche Platz findet.
Ich find das Podesttraining zum Beispiel in Bezug auf die Wahrnehmung der Hinterhand so toll: Dein Pferd muss seine Gliedmaßen gezielt einsetzen und seinen Körper ausbalancieren. Es tritt vermehrt unter den Schwerpunkt und kippt dabei sein Becken ab. Dies macht es allein, ohne dass du manipulativ einwirkst. Diese Körper- und Bewegungserfahrung wird es langfristig auch vermehrt ins Training einbringen können.
Je besser das Körpergefühl deines Pferdes ist, desto leichter fällt ihm das Podesttraining. Und umgekehrt: Durch regelmäßiges Podesttraining kannst du die Körperwahrnehmung deines Pferdes verbessern. Für mich sind Podeste – sei es ein Podest für vier Hufe, ein Einbeinpodest oder ein Mattenpost – daher fester Bestandteil des Sensomotoriktrainings für Pferde.
Weitere Infos findest du in meinem Buch Sensomotorisches Pferdetraining:
Podesttraining sorgt für mehr Selbstbewusstsein
Deswegen kräftigt die Arbeit am Podest nicht nur die Muskeln des Pferdes, sondern es stärkt auch das psychische Wohlbefinden. Podestarbeit macht den Pferden einfach wahnsinnig viel Spaß.
Pferde gewinnen ein viel besseres Gefühl für ihren Körper und dadurch wächst auch ihr Selbstbewusstsein. Na klar, fühle ich mich stark und fit, bin ich auch viel selbstbewusster, als wenn ich mit wenigen Muskeln und eingezogenen Schultern durch die Gegend laufe.
Das Nonplusultra für meinen Sleipi: Crunches auf dem Podest. Dabei wächst er ordentlich über sich hinaus!
Mit dem Onlinekurs „Rückenfitte Pferde“ bekommst du ein grundlegendes Verständnis für gesunderhaltendes Pferdetraining sowie Einblicke in Anatomie und Biomechanik und du erfährst, wie du dein Pferd rückenfit trainieren kannst und worauf es dabei wirklich ankommt.
Schritt für Schritt aufs Podest
Bevor du mit dem Podesttraining beginnst, solltest du dein Pferd ruhig ein wenig aufwärmen. Denn, wie du nun weißt: Podestarbeit ist Muskeltraining! Ich empfehle hierzu ein bisschen Schritt.
Wenn du neu mit der Podest-Arbeit beginnst, solltest du nicht zu viel auf einmal wollen. Am besten zerlegst du den Prozess in viele kleine Schritte. So hat dein Pferd Zeit, sich an den neuen Trainingsgegenstand zu gewöhnen und du hast die Chance, viel zu loben und die Motivation zu steigern.
Ganz wichtig dabei: das Lob. Egal ob du clickerst, dein Pferd mit der Stimme oder durch Streicheln lobst – spar nicht damit. Pferde mögen es sehr, gelobt zu werden. Sie sind dann umso motivierter und bemühter, alles richtig zu machen. (In „Wie funktioniert Clickertraining“ findest du nützliche Tipps zum Clickern mit Pferden.)
Tipp: Sollte dich das Thema Clickern mit Pferden interessieren, kann ich dir den Onlinekurs How to Clicker* sehr empfehlen.
Podesttraining mit Pferd: So kannst du beginnen
Schritt 1: die Vorderbeine stehen auf dem Podest
1. Im ersten Schritt solltest du dein Pferd mit dem Podest vertraut machen und ihm zeigen, dass sich kein Schreckgespenst dahinter versteckt. Lass dein Pferd das Podest in Ruhe beschnuppern.
2. Motivier dein Pferd dazu, das Podest mit dem Huf abzuklopfen. Auf diese Weise kann es den neuen Untergrund auf Standfestigkeit und Stabilität hin überprüfen. Die neugierigen Pferde machen das meistens von ganz alleine. Wenn dein Pferd kein Interesse daran hat, dann kannst du es dabei unterstützen, den Huf auf das Podest zu stellen.
3. Wenn dein Pferd merkt, dass der Boden des Podestes stabil genug ist, wird es meist von ganz allein mit beiden Vorderhufen draufsteigen. Wenn es das nicht macht, dann versuch es mit feinen Hilfen auf das Podest zu locken. Du könntest beispielsweise Impulse am Strick oder Kappzaum geben sowie deine Stimme und deinen Körper einsetzen oder ein Target nutzen. Ich platziere auch gern die Hufe der Pferde. Das gibt einerseits sensorischen Input und hilft andererseits dabei zu verstehen, worum es geht.
Dein Pferd hat nun verstanden, was du von ihm willst.
Bevor du den Schwierigkeitgrad erhöhst, sollte das Aufsteigen mit zwei Beinen wirklich gut klappen. Denn auch wenn es für dich leicht erscheinen mag – so leicht ist es nicht. Dein Pferd steht dabei nämlich nicht wie sonst mit allen vier Hufen auf ebenem Boden, sondern plötzlich nur noch mit zwei Beinen. Es muss sich also anders ausbalancieren und die Hinterhand muss wesentlich mehr Last tragen.
Hinzu kommt die Dehnung der Rückenmuskulatur. Wenn du versuchst, deine Hände bei gestreckten Beinen auf den Boden zu legen, wird es dir beim ersten Mal sicherlich schwer fallen. Doch je öfter du es übst, desto leichter fällt es dir. Deswegen würdest du auch nicht sofort nach dem ersten Mal den Schwierigkeitsgrad erhöhen.
Du kannst den Schwierigkeitsgrad aber insofern erhöhen, als dass du die Podestarbeit kreativ gestaltest und dein Pferd nicht immer nur draufsteigen lässt. Du kannst es beispielsweise auch mit den Vorderbeinen auf dem Podest und der Hinterhand auf dem Boden einmal drumherum gehen lassen. Oder du bittest dein Pferd, ein Vorderbein zu heben. Auch kannst du das Gewicht verlagern oder/und dein Pferd crunchen lassen.
Schritt 2: dein Pferd steht mit allen vier Beinen auf dem Podest
Im zweiten Schritt wird es etwas schwieriger. Jetzt sollen alle vier Beine auf das Podest. Bevor du dies mit deinem Pferd übst, sollte das Auf- und Absteigen auf das Podest sicher funktionieren.
4. Wenn dein Pferd mit den Vorderbeinen auf dem Podest steht, dann lass es mit diesen weiter nach vorne gehen, damit genug Platz für die Hinterbeine vorhanden ist.
5. Dann motivierst du dein Pferd, die Hinterbeine auf das Podest zu setzen. Dazu kannst du, je nachdem mit welchem Trainingssystem du arbeitest, die Beine leicht mit der Gerte antippen, ein Target nutzen oder die Hufe mit der Hand platzieren. Ich persönlich bin ein Freund davon, die Pferde sich möglichst frei bewegen zu lassen.
Podestarbeit vielfältig gestalten
Sobald das Pferd gelernt hat, mit allen vier Hufen auf dem Podest zu stehen, kann dieses ganz vielfältig in das Training eingebaut werden: Auf- und Absteigen, Spanischer Gruß oder Drehung – Möglichkeiten gibt es viele. Auch andere Tricks wie zum Beispiel Ja- und Nein-Sagen, Flehmen oder eine Decke vom Rücken ziehen sehen auf dem Podest noch um einiges imposanter aus als vom Boden.
Bauanleitung für ein Reifenpodest für Pferde
Um ein Reifenpodest zu bauen brauchst du:
- 1 (Trecker-)Reifen – bevorzugt auf Felge
- 1 dicke, stabile Holzplatte/Siebdruckplatte/OSB-Platte
- 4 (oder mehr) starke Schrauben, Platten, Muttern
Als erstes musst du die Holz- oder Siebdruckplatte auf Reifengröße anpassen und zurechtsägen. Achte unbedingt darauf, dass die Platte nicht übersteht, weil sie sonst instabil wird.
Anschließend schraubst bohrst du dort, wo du die Platte an der Felge befestigen möchtest, Löcher rein und verschraubst sie dann der Felge. Damit das Brett nicht wieder nach oben hin weggezogen werden kann, musst du eine kleine Metallplatte mit Loch auf die Schraube ziehen, ehe du die Mutter festschraubst. Voila – fertig!
Kleiner Tipp: Wenn du willst, dass dein Podest wetterfest ist, dann solltest du die Holzplatte mit Holzschutzmitteln streichen oder mit einer anderen Schutzschicht überziehen.
Natürlich kann man auch noch anders ein Podest bauen, beispielsweise aus Paletten. Möglichkeiten gibt es viele.
Integrierst du auch die Podestarbeit in das Pferdetraining? Ist dein Pferd auch so stolz, wenn es oben steht? Erzählt es mir gern und hinterlass mir einen Kommentar!
Viel Spaß beim Üben!
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Übrigens: Weitere Trainingstipps findest du auch in meinen Onlinekursen.
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6 Kommentare zu „Podesttraining: Darum ist es so sinnvoll für Pferde“
Meine Isidame stieg mit mir auf ihrem Rücken sehr rasch aufs Podest und hatte sichtbar Freude dran.Habe Photos, weiss aber nicht, wie man die Einstellt.
Hallo,
ja, Pferde lieben Podeste, das ist zumindest meine Erfahrung. 🙂 Toll, dass sie auch mit dir auf ihrem Rücken das Podest erklimmt, das ist ja doppelt anstrengend.
(Bilder kannst du leider nicht hochladen.)
Viele Grüße
Karo
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